„Wenn jemand Hilfe braucht, dann organisieren wir das.“ Foto: Sybille Neth

Michael Dirk vom Novemberprojekt stellt Konzepte für ein würdiges Altern im Neubaugebiet Roter Stich vor. Im Novemberprojekt soll im Alter selbstständig und mit gegenseitiger Hilfe gelebt werden können.

S-West - Der Name ist Programm: November-Projekt nennt Michael Dirk das Wohnkonzept für ältere Menschen auf dem neu entstehenden Areal am Roter Stich in Zuffenhausen. Voraussichtlich bis Mitte 2015 werden dort die neuen Bewohner in Ein-, Zwei – und Mehrfamilienhäuser einziehen. Darunter auch Dirk und die Mitglieder der Novemberprojekt-Gruppe. Zehn Mietwohnungen in den Mehrfamilienblocks haben sich die derzeit 18 Interessenten beim Bauherren, der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), gesichert. Im November-Projekt wollen sie im Alter selbstständig und mit gegenseitiger Hilfe leben.

Lebensplanung endet oft nach der beruflichen Laufbahn

Alle werden in ihren eigenen vier Wänden wohnen, nutzen aber einen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss und leben im Wissen, dass jemand da ist, wenn kleinere Hilfeleistungen benötigt werden oder ein Notfall eintritt. „Leichte Pflegestufen können wir selbst betreuen und es ist Unterstützung da, wenn jemand aus dem Krankenhaus entlassen wird“, kündigt Dirk an. „Am Anfang plant man ja seine Schulkarriere, dann die berufliche Laufbahn und danach hört es auf mit der Planung“, sagt der 67jährige süffisant. Schon vor 13 Jahren aber hat sich der Kunstmaler mit seinem Atelier im Westen Gedanken über die Zeit gemacht, wenn er graue Haare hat und ihn manches Zipperlein plagt. In den zurück liegenden Jahren ist so der Kreis von Interessenten durch Zeitungsanzeigen und Informationsveranstaltungen gewachsen. „Wir machen mittlerweile Reisen zusammen und besuchen kulturelle Veranstaltungen. Wenn jemand Hilfe benötigt, dann organisieren wir das “, erzählt Dirk.

Dienstleistungen sollen gemeinsam geordert werden

Viele Menschen dränge es im Alter wieder in die Stadt: kurze Wege, Infrastruktur und kulturelle Angebote vor der Türe seien dann für manchen reizvoller als das Häuschen im Grünen, sagt er. Diesem Wunsch werde das neue Wohngebiet am Roter Stich in Zuffenhausen gerecht. Die SWSG plant dort auf rund 42 500 Quadratmetern 70 Mietwohnungen, eine Kindertagesstätte, 100 Eigentumswohnungen sowie 34 Einfamilienhäuser. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei gut, lobt Dirk. Er kritisiert aber, dass es keine Ladengeschäfte geben wird. „Wir wollen diesen Mangel abfedern und unseren Gemeinschaftsraum bewirtschaften“, kündigt er an und präsentiert ein Modell des Erdgeschosses mit großem Zimmer, Atelier, Küche und Sanitärräumen. Die wichtigsten Dinge des täglichen Lebens sollen hier für die Mitglieder zu haben sein.

Außerdem wollen die November-Projekt-Leute gemeinsam Dienstleistungen ordern: Eine Reinigungsfirma oder einen Wäschedienst etwa. Auch am Carsharing werden sie teilnehmen und selbst ambulante Pflegedienstleistungen könnten gemeinsam gebucht werden. „Sogar Pflegefälle könnten wir noch managen. Wenn drei von uns zum Beispiel zum Pflegefall werden, könnten sie in ihrer Wohnung bleiben, weil für den Pflegedienst keine zusätzlichen Wege entstehen“, erklärt Dirk. Die zehn Wohnungen sind auf vier nebeneinander liegende Häuser verteilt.

„Ich will rege Diskussion beim Kaffee“

Den Mietvertrag schließt jeder im Projekt selbstständig mit der SWSG ab. „Das hat für beide Seiten Vorteile“, findet Dirk. „Wir können Nachmieter stellen und so dafür sorgen, dass wieder ältere Menschen einziehen.“ Andererseits freuen sich Dirk und seine Mitstreiter auf die jungen Familien und die Kinder: „Man muss ja schließlich nicht immer November-Projektler sein - und wenn es zu viel wird gibt es die Rückzugsmöglichkeit“, sagt er schmunzelnd.

Das Herzstück des Projekts aber ist der Austausch mit anderen Senioren. „Gehirnjogging mit Kreuzworträtseln ist nicht die Lösung. Ich will die rege Diskussion beim Kaffee“, sagt Dirk. Auch gemeinsame Unternehmungen wollen die Bewohner machen – organisiert und auch spontan. Diese sozialen Kontakte sollen ein selbstbestimmtes und würdiges Alter ermöglichen. Jetzt steht der Bauzaun am Roter Stich und wenn erst die Bagger und Baumaschinen kommen, werden weitere Interessenten kommen, da ist sich Dirk sicher.