Der Erste Bürgermeister Ingo Rust befestigt das Schild für den neuen Notfalltreffpunkt in der Ritterstraße in Esslingen. Foto: Roberto Bulgrin

Esslingen hat 19 Notfalltreffpunkte für die Bevölkerung eingerichtet. Sie sollen die flächendeckende Versorgung der Menschen bei einer Katastrophe sicherstellen.

Deutschland ist verwundbar. Das zeigen der Ukraine-Krieg samt Energiekrise, der letzte Hitzesommer mit Niedrigwasser auch auf dem Neckar und die Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal genauso wie die jüngsten Cyberangriffe auf private Firmen oder die baden-württembergische Polizei. „Wir müssen uns bestmöglich auf kritische Situationen vorbereiten“. Das hatte Innenminister Thomas Strobl klargemacht, als im vergangenen September die Empfehlungen für die Planung und den Betrieb von sogenannten Notfalltreffpunkten vorgestellt wurden. Mit diesen sollen Kommunen und Landkreise dabei unterstützt werden, sich vor allem gegen die Folgen eines länger andauernden Stromausfalls mit seinen weitreichenden Begleiterscheinungen zu wappnen.

Die Stadt Esslingen hat jetzt 19 solcher Notfalltreffpunkte im ganzen Stadtgebiet festgelegt. Am Montag half der Erste Bürgermeister Ingo Rust öffentlichkeitswirksam mit, das letzte Treffpunktschild gegenüber dem Technischen Rathaus in der Ritterstraße zu montieren.

Notfalltreffpunkte als Umschlagplatz für Informationen

Die Notfalltreffpunkte seien ein wichtiger Schritt bei der Vorsorge für den Krisenfall, so Andreas Gundl, der Leiter der Stabsstelle Besondere Gefahrenabwehr der Feuerwehr Esslingen. „Im Ernstfall bieten die Notfalltreffpunkte Esslingerinnen und Esslingern Orientierung. Hier bekommen sie aktuelle Informationen, es wird Erste Hilfe geleistet und über weitere, für den jeweiligen Krisenfall geplante Maßnahmen informiert“, erläutert Gundl.

Die 19 Esslinger Anlaufstellen, die im Ernstfall mit einem Feuerwehrfahrzeug besetzt und rund um die Uhr in Betrieb sind, befinden sich überwiegend in der Nähe von Schulen, Feuerwehrgerätehäusern der Stadtteile, Sporthallen oder anderen Gebäuden, die über eine gewisse Infrastruktur verfügen. Dass sie für jeden zu Fuß erreichbar sind, war ein weiteres Kriterium für die Wahl der Standorte. „Sie sind im Krisenfall die erste Anlaufstelle für die Esslinger Bevölkerung. Sie werden dann zum lokalen Dreh- und Angelpunkt unseres Krisenmanagements“, betont Ingo Rust.

Durchsagen im Radio oder per Lautsprecher

Die Bevölkerung wird gezielt informiert, sobald sie angesichts eines Katastrophenfalls oder einer Großschadenslage die Treffpunkte aufsuchen können, um weitere Hilfe zu bekommen oder dort einen Notruf abzusetzen. Wie diese Information erfolgt, hängt vom jeweiligen Ereignis und maßgeblich davon ab, was dann überhaupt noch funktioniert. Denkbar seien etwa Radioansagen, sagt Andreas Gundl, zumindest Kurbelradios könnten auch ohne Strom in Betrieb sein. Aber auch Lautsprecherdurchsagen wären eine Möglichkeit.

„Keine Panik schüren“

In Esslingen gibt es schon länger einen fest etablierten Verwaltungsstab für Krisenfälle jeglicher Art. Dort bereitet man sich auf unterschiedliche Krisenszenarien vor. Zusätzlich gibt es regelmäßig Großübungen, bei denen mögliche Krisen – von der Trinkwasserverschmutzung über Stromausfall bis zum Hochwasser nach einem Starkregen – möglichst echt durchgespielt werden. „Wir möchten keine Panik schüren“, betont Rust, aber es gebe ein neues Bewusstsein für die Krisenvorsorge.

Notstromaggregat des Landes steht noch aus

Die 19 Anlaufstellen sollen nun in die weiteren Überlegungen und bestehenden Notfallpläne des Esslinger Verwaltungsstabes miteinbezogen werden, kündigt Rust an. Bislang stellten die Treffpunkte als kommunikativer Umschlagplatz nur ein Basisangebot dar. Welche zusätzlichen Leistungen – etwa die Verteilung von Trinkwasser oder die Bereitstellung von Notstromaggregaten – es an welchen Plätzen geben wird, sei noch offen. „Das ist noch im Werden“, sagt der Erste Bürgermeister.

Auch andere Kommunen im Landkreis Esslingen beginnen unterdessen damit, die Landesempfehlung umzusetzen. Aichtal beispielsweise hat bereits im vergangenen Oktober einen 72-Stunden-Blackout geprobt und Notfalltreffpunkte in jedem Stadtteil ausgewiesen. Eine Verpflichtung, Notfalltreffpunkte in ihrem Bereich einzurichten, gibt es für die Kommunen indes nicht, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilt. „Wir halten es aber für sehr sinnvoll“, sagt eine Sprecherin.

Innenminister Strobl hatte den Kommunen Unterstützung versprochen. Ingo Rust zufolge werden als Starterpaket aber nur ein paar Warnwesten, ein Schild, das als Vorlage dienen soll, und ein Notstromaggregat gestellt. „Das mag auf dem Dorf reichen, aber nicht in Esslingen“, sagt Rust. Eingetroffen ist das Gerät, das die bereits vorhandenen ergänzen könnte, ohnehin noch nicht. Es gibt Lieferprobleme.

Informationsbörse, Notruf oder Erste Hilfe

Rahmenempfehlung
 Das Innenministerium hat eine „Rahmenempfehlung für die Planung und den Betrieb von Notfalltreffpunkten für die Bevölkerung in Baden-Württemberg“ ausgearbeitet. Sie wurde im vergangenen September vorgestellt und umfasst neben Hinweisen zur Planung und dem Betrieb von Notfalltreffpunkten auch ein einmaliges Ausstattungsset für die Kommunen.

Anlaufstellen Esslingen
 Die Stadt Esslingen hat 19 Notfalltreffpunkte ausgewiesen, die zu Fuß erreichbar sind. Sie dienen laut der Stadt als Anlaufstelle für die Bevölkerung und sind bei einem lang anhaltenden Krisenfall durchgängig besetzt. Hier werden aktuelle Informationen und Verhaltenshinweise mitgeteilt. Es können zudem Notrufe abgesetzt und der Krisenstab kontaktiert werden. Es gibt zudem Erste Hilfe oder notfallmedizinische Erstversorgung. Die Stadt empfiehlt, sich frühzeitig damit vertraut zu machen, wo sich der nächste Treffpunkt befindet.

Übersicht
Auf der Seite der Esslinger Feuerwehr sind die Notfalltreffpunkte aufgelistet: feuerwehr.esslingen.de/notfalltreffpunkte

Allgemeine Informationen
www.notfalltreffpunkt-bw.de.