Zu Gast in Stuttgart: Roseanne Supernault, die auch im Eröffnungsfilm „Maina“ zu sehen ist. Foto: Festival

Das Nordamerika Filmfestival ist eine europaweit einzigartige Plattform für die Kultur der Indianer und Inuit. Selbst ­Paris beneide Stuttgart darum, sagt der künstlerische Leiter Gunter Lange. 59 Filme sind von diesem Donnerstag an im Treffpunkt Rotebühlplatz zu sehen.

Stuttgart - „Wir sind kein Volk der Vergangenheit, wir sind ein Volk mit Vergangenheit“, sagt Frank Waln. Er ist Indianer, Sicangu Lakota, ein preisgekrönter Hip-Hop-Künstler – und einer der Gäste beim Nordamerika-Filmfestival, einer in Europa einzigartigen Plattform für die Kultur der Indianer und Inuit. Selbst Paris beneide Stuttgart darum, sagt der künstlerische Leiter Gunter Lange. 59 Filme sind von diesem Donnerstag an im Treffpunkt Rotebühlplatz zu sehen.

Viele Deutsche haben seit jeher das fiktivem „Winnetou“-Universum Karl Mays vor Augen, wenn sie an die Indianer Nordamerikas denken. Lange findet Vorteile und Nachteile in diesem Mythos – er selbst las die Romane Karl Mays als Jugendlicher und war fasziniert. Als Erwachsener kam er dann mit realen Indianern in Berührung, wurde Mitarbeiter eines Filmfestivals in San Francisco und gründete 2004 ein eigenes in Stuttgart.

Das Festival zeigt Werke, an denen indigene Einwohner Nordamerikas als Schauspieler, Regisseure, Autoren und Produzenten mitwirken. Zumeist sind es europäische Erstaufführungen, präsentiert in englischer Originalfassung. Der Dokumentarfilm „First Language – The Race to save the Cherokee“ schildert Bemühungen, eine Indianer-Sprache neu zu beleben, ein Trickfilm erzählt von indianischen Ursprungsmythen.

Viele Gäste aus Nordamerika reisen an

Ein Schwerpunkt in diesem Jahr: die Kultur der Inuit, der nordischen Völker in Kanada und Grönland. Auch hier dreht sich alles um Lebensalltag, Schwierigkeiten und Traditionen. „Nunaaluk: A Forgotten Story“ erzählt dokumentarisch von Inuit, die in den 1920ern eine südlich gelegene Insel besiedelte und in den 1960ern gezwungen wurde, nach Norden umzusiedeln. Im Spielfilm „Before Tomorrow“ treffen sich lange isolierte Inuit-Familien, „Eskimo Diva“ zeigt das Leben einer Inuit Drag Queen.

Das Rahmenprogramm ist umfangreich, viele Gästen reisen an. Frank Waln spricht und singt am Freitagabend im Club Zentral „Urban Native Rap and Hip Hop“, internationale Bekanntheit erlangte er durch die MTV-Sendung „Rebel Music Native America“. Waln wird begleitet von Samsoche und Lumhe Sampson, zwei bekannten Hoop-Dancern. Sie sind die jüngsten Söhne des Mugokee-Indianers Will Sampson, der in Milos Formans Film „Einer flog übers Kuckucksnest“ die Rolle des Chief Bromden spielte. Roseanne Supernault schließlich ist die heute in den USA gefragteste Schauspielerin indianischer Abstammung. Auch sie wird zugegen sein, wenn das Filmfestival am Donnerstag im Treffpunkt Rotebühlplatz feierlich eröffnet wird – genau wie die Regisseurin Marie Hélène Cousineau sowie die Schauspielerinnen Lucy und Nuvvija Tulugarjuk.

Das Stuttgarter Empfangskomitee bilden Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle, Volkshochschulleiterin Dagmar Mikasch-Köthner, der US Consul General James W. Herman sowie der ARD-Korrespondent Klaus Scherer.

Zwei Kehlkopfsängerinnen treten auf

Seinen frühen Auftakt hat das Festival bereits am Montagabend in den Räumen des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Tübingen erlebt. Dort sollten zwei Filme gezeigt werden – ein Dokumentarfilm und ein Thriller, der in der Welt der Inuit spielt –, was aber teils an technischen Schwierigkeiten scheiterte. Die Sila Singers retteten den Abend: Jenna Broomfield und Malaya Bishop, zwei junge Frauen, die die Kunst des „Throat Singing“, des Kehlkopfgesanges, beherrschen. Auch die treten zur Eröffnung im Rotebühltreff auf.