Ein Containerschiff passiert eine Sandbank am Rhein bei Bad Breisig in Rheinland-Pfalz. Der niedrige Wasserstand am Mittelrhein macht der Schifffahrt zunehmend zu schaffen. Foto: dpa

Der seit Wochen sehr niedrige Wasserpegel des Rheins bereitet Transportunternehmen Kopfzerbrechen. Entweder sie bezahlen viel Geld für mehr Schiffe - oder verladen auf teurere Lastwagen.

Ludwigshafen/Berlin - Das anhaltende extreme Niedrigwasser im Rhein hat zu einer Verlagerung von Gütertransporten auf die Straße geführt. Die parallel fahrenden Güterzüge seien bereits voll ausgelastet, erklärte Günter Haberland, Präsidiumsmitglied des Deutschen Speditions- und Logistikverbands. Der Transport mit Lastwagen bedeute höhere Preise für die Spediteure. „Die Situation kann man dramatisch nennen.“ Der Ludwigshafener Chemieriese BASF erklärte, weil die Schiffe nicht mehr so stark beladen werden könnten, seien Güter auf „alternative Verkehrsträger“ gesetzt worden.

Die Deutsche Bahn sieht die Kapazitätsgrenze bei Güterzügen noch nicht erreicht und kann nach eigener Aussagen noch Transporte aufnehmen. „Einfach und kurzfristig geht das“, meinte eine Sprecherin von DB Cargo. Martin Bulheller vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) betonte, nur Züge könnten neben Schiffen solch große Mengen transportieren. Er sagte mit Blick auf die derzeitigen Verlagerungen: „Der geringere Ladungsanteil geht auf den Lkw - aber nur vorübergehend, weil der Lkw-Transport zu teuer ist.“

Klar ist: Die Binnenschiffe, die noch fahren, können weniger transportieren. Auch die Schiffe, die den BASF-Standort in Ludwigshafen ansteuerten, würden geringer beladen, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Als Ausgleich für den Ausfall muss den Betreibern der Schiffe ein sogenannter „Kleinwasserzuschlag“ gezahlt werden, wie Martin Staats, Vorstand des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt, erklärte. Der kann ins Geld gehen.

Besonders flach ist die Fahrrinne am Mittelrhein

Schon seit September seien die Pegelstände nicht optimal für die Binnenschifffahrt, sagte Staats. Seit November sinken sie fast durchgehend. Besonders flach ist die Fahrrinne am Mittelrhein. In Kaub etwa liegt sie derzeit bei etwa 175 Zentimetern, wie aus Daten der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hervorgeht.

Einige besonders günstig gebaute Schiffe haben einen Leertiefgang von 50 bis 80 Zentimetern. Doch schon manch kleines Binnenschiff erreicht voll beladen einen Tiefgang von 2,50 Metern. „Grundsätzlich hat die Branche von diesen kleineren Einheiten nicht genug, de facto läuft es darauf hinaus, dass die großen einfach weniger Ladung aufnehmen“, erklärte Staats. Nach Angaben des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Bingen kann es sein, dass Schiffe nur zehn Prozent ihrer Ladekapazitäten aufnehmen.

Wegen der lang anhaltenden Niedrigwasserphase werde es für die Kraftwerke schwierig, ihre Kohletransporte - wie sonst bei Niedrigwasser üblich - weiter hinauszuschieben, erklärte Haberland vom Speditions- und Logistikverband. Die Vorräte seien inzwischen aufgebraucht. „Selbst Containertransporte zum Niederrhein sind nur noch eingeschränkt per Binnenschiff möglich.“

Damit Szenarien wie in diesem Winter nicht wieder passieren, fordert Haberland eine Vertiefung des Rheins. Tatsächlich ist das Ausbaggern der Fahrrinne von St. Goar bis Mainz bis 2031 geplant. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) hält von einer Vertiefung nichts. Der Transport solle möglichst auf den bestehenden Wasserstraßen geschehen, sagte Bund-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg.

Hilgenberg betonte aber auch: „Tatsächlich ist das Binnenschiff die Möglichkeit, mit möglichst wenig CO2-Emissionen Waren von A nach B zu bringen.“ Dass jetzt so viele Güter auf die Straße verlagert würden, liege auch daran, dass der Transport per Lastwagen zu billig sei. „Die Kosten, die eigentlich anfallen, werden bei weitem nicht abgedeckt: Die Lärmkosten werden nicht auf die Maut aufgeschlagen, die Abgase werden nicht berechnet und auch nicht die Abnutzung der Verkehrsinfrastruktur.“