Oberbürgermeisterin Gabriele Zull begrüßt die Gäste in der Schwabenlandhalle. Foto: Nicklas Santelli

Beim Neujahrsempfang bekennt sich die Oberbürgermeisterin Gabriele Zull ausdrücklich zur Verantwortung für die mehr als 800 Geflüchteten in Fellbach.

Fellbach - Die Stadtverwaltung Fellbach hat sich für das Jahr 2018 viel vorgenommen, unter anderem Wohnungsbau zu starten, den Verkehr zu verbessern, die Digitalisierung, also den Breitbandausbau für ein schnelles Internet, voranzutreiben. Oberbürgermeisterin Gabriele Zull hat dies in ihrer Rede am Neujahrsempfang der Stadt im Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle erwähnt und doch im Detail nicht ausgeführt. Das Stichwort für ihre Rede gab ihr der Titel des Vortrags von Professor Reinhold Weber, der über „Demokratie und Bildung in flüchtigen Zeiten“ einen sachkundigen Vortrag hielt.

800 Geflüchtete leben derzeit in Fellbach

In einer Zeit der Zuwanderung durch Flucht – mehr als 800 Geflüchtete leben derzeit laut Zull in Fellbach und müssen von der Stadt untergebracht werden – mahnte die Oberbürgermeisterin wegen vieler offener politischen Fragen: „Wir brauchen Entscheidungen.“ Dazu forderte sie gerade auch die große Politik auf – ausdrücklich in Bezugnahme auf den zeitgleich stattfindenden sehr kontroversen SPD-Parteitag in Bonn und seine erfolgreiche Abstimmung über den Eintritt in Verhandlungen über eine Große Koalition.

Das Maskottchen „GaBi“ beim Ständerling. Foto: Nicklas Santelli
In einer Zeit der Unsicherheit brauche die Stadt Konstanten, sagte die OB, wie dies ein sich jedes Jahr wiederholender Neujahrsempfang bieten kann. Gabriele Zull rief dazu auf, sich „populistischen Strömungen tapfer entgegenzustellen“, das heißt, die Demokraten sollten gegen Politiker aufreten, die durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Menschen zu gewinnen suchen. Lokalpolitiker und -aktive sollten die demokratische und bürgerschaftliche Ausrichtung der Stadt sichern.

Die Oberbürgermeisterin bekannte sich zur städtischen Verantwortung für die Geflüchteten, ihnen Wohnraum zu beschaffen, sie in den Arbeitsmarkt und in die Stadtgesellschaft zu integrieren. Dies soll nicht nur mit Hilfe der vielen ehrenamtlichen Helfer geschehen, wie im Freundeskreis für Flüchtlinge. „Wir haben auch unser Personal entsprechend aufgestockt. Mit Jahresbeginn haben fünf Integrationsmanager die Arbeit aufgenommen“, sagte sie. Durch diese sollen individuelle Integrationspläne für die betroffenen Menschen erarbeitet und umgesetzt werden. Den Bürgern müsse allerdings bewusst sein, dass Integration kein Thema ist, „das in den nächsten Jahren abgehandelt sein wird. Rückschläge werden nicht ausbleiben.“

Der Neujahrsempfang zählt fast 900 Besucher

Vor fast 900 Besuchern weckte die Oberbürgermeisterin Vorfreude auf die Remstal-Gesellschaft 2019, die im Foyer durch das lebensgroße Bienen-Maskottchen mit dem Babygesicht vertreten war. „Als Tor zum Remstal haben wir die Gartenschauidee von Beginn an unterstützt, und wir werden ganz sicher unseren Teil dazu beitragen, dass sie ein Erfolg wird“, sagte sie auf die Kritik eines Presseorgans.

„GaBi“ heißt das Gartenschau-Maskottchen derzeit noch. Die Stadtchefin hört privat ebenfalls auf diese Abkürzung des Vornamens und ließ deswegen eine gewisse Distanz zu dieser noch vorläufigen Namensgebung erkennen: Sie habe beim Besuch auf der Reisemesse CMT die Erfahrung gemacht: „Man reagiert immer, auch wenn eigentlich mit Gabi die Biene gemeint ist.“ Aber der künftige Name wird ja noch gesucht, und alle Bürger können sich an der Findung beteiligen. Eine Postkarte lag im Foyer aus.

Über den in Fellbach gut funktionierenden Jugendgemeinderat hinaus stellte Gabriele Zull die Frage: „Wie kann es gelingen, junge Menschen für Politik und Beteiligung zu gewinnen?“. Eine ungewöhnliche Antwort fand Timo Brunke, der sich als „Bühnenpoet“ bezeichnet und mit seinem Intermezzo „Vollwortkost“ großes Vergnügen bereitete. Er hob hervor, dass Beteiligung mit Bildung zusammenhängt und sprachliche Bildung im Elternhaus beginnen muss, beim Gedichte vorlesen und Lieder singen. Sein Plädoyer goss er gespickt mit End- und Stabreimen in Gedichtform. Goethes Gedicht „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn“ aus dem Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ trug Brunke für bessere Verständlichkeit in bildungsfernen Schichten in Schwäbisch und in Jugendsprache vor. Mit herrlicher Lust am Wortspiel warb er für die Verben, die „Langweiler-Sätze in Action verwandeln“. Ein Feuerwerk ähnlich lautender Wörter für genaue Handlungen reihte er dazu aneinander.

Der Empfang wurde umrahmt vom Sinfonieorchester der Musikschule Fellbach unter der Leitung von Lukas Weerth, der erstmals als neuer Dirigent bei einem öffentlichen Konzert am Pult stand. Unter anderem trugen die etwa 40 jungen Leute aus Edvard Griegs „Peer-Gynt-Suite“ die „Morgenstimmung“ und „In der Halle des Bergkönigs“vor. Letzteres erhielt besonders großen Beifall und sogar Bravorufe.