In der Schlosserei von Andreas Eisele und seiner Frau Ursula Kies wird nicht nur geschweißt, sondern auch getüftelt, veredelt und recycelt. Foto: Michael Steinert

In der Welt von Andreas Eisele gibt es keinen Schrott. Der 57-Jährige haucht alten Zweirädern neues Leben ein und baut dank seines Erfindergeists mit ausgedienten Maschinen- und Metallteilen raffinierte Kunst- und Gebrauchsgegenstände.

Neuhausen - Wer sich mit Andreas Eisele unterhält, der merkt schon nach wenigen Minuten: Dieser Mann brennt für das, was er tut. Der 57-Jährige ist Schlosser mit Leib und Seele, aber man wird seinem Schaffen nicht gerecht, würde man ihn allein als Handwerker aus Leidenschaft bezeichnen. Denn der Inhaber der Schlosserei Röckl in Neuhausen ist weit mehr als das, er ist zudem ein begnadeter Kunstschlosser, überzeugter Upcycler und ein – wie er selbst sagt – „schwäbischer Tüftler“.

Schrott gibt es in der Welt von Andreas Eisele nicht, „man kann aus allem etwas machen“, sagt er. Und so dient eine alte ausrangierte Bügelsäge als Küchenrollenhalterung, aus Fahrradteilen oder einem alten Handbohrer baut er LED bestückte Tischlampen, aus einem ausgedienten Ofenrohr eine Kaffeemaschine, und Werkzeugkästen aus Stahl schweißt er zu einem ansprechenden und dennoch zweckmäßigen Designer-Regal zusammen. Auch die Möbel in seinem Besprechungszimmer hat er aus nicht mehr benötigten Wasserleitungen und ehemaligen hölzernen Treppenstufen gefertigt.

Einige alte Räder stattet Andreas Eisele mit einem Elektroantrieb aus

„Mit einem Fahrrad fing alles an“, erinnert sich der 57-Jährige, der alten Drahteseln mit Akribie und Erfindergeist neues Leben einhaucht. Etwa dem Rad der ehemaligen Schweizer Firma Vaterland, Baujahr 1954, das – nachdem es durch die Hände von Andreas Eisele ging – da steht, wie aus dem Ei gepellt. „Altes zu bewahren, ist mir wichtig“, sagt der Schlossermeister und fügt an: „Natürlich kann es auch mit Modernem kombiniert werden, es muss nicht immer original sein“. Und so stattet er alte Räder gerne auch mal mit einem Elektroantrieb aus, den er sich als Set im Internet besorgt.

Jedes seiner Unikate besitzt einen unverwechselbaren Charakter – egal ob es die gepimpten Räder sind, die stylisch umgebauten alten Motorräder oder die aus Stahl- und Eisenschrott kreierten Kunst- und Gebrauchsgegenstände. Auch im Schlosseralltag versucht er, der Wegwerfgesellschaft etwas entgegenzusetzen. Lieber repariere er ein Gartentürchen oder ein altes Türschloss, anstatt es gleich gegen ein neues auszutauschen.

Dem Tüfteln, Erfinden und Recyceln gehe er freilich nur samstags nach, sagt er. „Mein Geld verdiene ich mit der Schlosserei, die steht im Vordergrund.“ Hat er sich schon einmal überlegt, auch sein Hobby zu versilbern? Diesem Ansinnen stehe mitunter eine große Schwäche seiner Daniel-Düsentrieb-Seele entgegen: „Ich kann mich nicht leicht von den Sachen trennen“, gesteht er – wohlwissend, dass ihm irgendwann der Platz ausgeht, um seine Schätze zu horten. Wenn er sich dennoch dazu durchringen könnte, einige davon zu verkaufen, „müssten sie auch ordentlich und dem von mir betriebenen Aufwand entsprechend bezahlt werden“. Zwei seiner Motorräder habe er schon an Liebhaber heißer Öfen verkauft.

Der Tüftler benötigt nur „kleine Anschugger“

In manchen Kreisen hat sich sein Erfindergeist schon herumgesprochen und wird durchaus wertgeschätzt. So habe er beispielsweise dem Komikertrio Eure Mütter einen schnell auf- und abzubauenden Klapptisch für dessen Bühnenshow gebastelt. Viele seiner Kunden wüssten um sein Hobby. Da stehe dann auch schon mal ein altes Fahrrad im Hof, an dem ein Zettel hängt, auf dem steht: „Machen Sie was Schönes draus, Herr Eisele.“ So manche Idee komme ihm spontan in den Sinn, wenn er beispielsweise im Fernsehen ausgefallene Objekte oder Kreationen entdecke. „Kleine Anschugger“ seien das für ihn, und sie lösten sogleich den bei ihm ausgeprägten Reflex aus, selbst kreativ zu werden.

So kurios wie seine Objekte ist auch die Geschichte, wie Andreas Eisele an die Schlosserei Röckl in der Gartenstraße gekommen ist. Dort hatte er Ende der 1970er-Jahre nach einer Ausbildung zum Dreher eine Schlosserlehre absolviert, wurde aber – wie alle anderen Auszubildenden – in dem kleinen Betrieb nicht übernommen. Er arbeitete fortan als Geselle in verschiedenen Firmen der Umgebung, machte die Meisterprüfung und stieg in einem Unternehmen zum stellvertretenden Abteilungsleiter auf. Doch der Drang, sein eigener Herr zu sein, war groß. Deshalb wagte er im Jahr 2006 den Schritt in die Selbstständigkeit – als Auftragsschlosser ohne eigene Werkstatt.

Die eigene Werkstatt im ehemaligen Ausbildungsbetrieb

An seinen eigenen Lehrbetrieb in Neuhausen dachte er nach mehr als 20 Jahren nicht mehr – zumal die Schlosserei in der Zwischenzeit stillgelegt worden war. Als er im Neuhausener Amtsblatt eine Anzeige zur Vermietung einer Werkstatt entdeckte, bewarb er sich, ohne zu wissen, dass es sich um jene Räume handelt, in denen er einst das Schlosserhandwerk erlernte. Er und seine Frau Ursula Kies bekamen den Zuschlag und so schloss sich vor rund zwölf Jahren der Kreis.

Bereut habe er diesen Schritt nie, sagt der 57-Jährige. Er sei dankbar, zwei praktisch veranlagte Hände zu haben. Die Buchhaltung sei nicht sein Ding, gibt er zu. „Wenn meine Frau nicht wäre, würde manche Rechnung spät oder gar nicht geschrieben.“ Andreas Eisele weiß eben sehr genau, wofür er brennt.