Am Sankt-Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Buer ist es zu einer auffälligen Häufung von Hand-Fehlbildungen bei Neugeborenen gekommen. Foto: dpa/Marcel Kusch

Nach Fällen von Hand-Fehlbildungen bei Säuglingen soll jetzt ein Überblick gewonnen werden. Aber es gibt keine Melderegister.

Berlin - In einer Schaltkonferenz wollen die Gesundheitsministerien der Länder an diesem Dienstag über die ungewöhnliche Häufung von Fehlbildungen an der Hand bei Neugeborenen in einer Gelsenkirchener Klinik beraten. Wie unsere Zeitung erfuhr, sollen sich dabei Fachbeamte der Ministerien einen ersten Überblick verschaffen.

Auch Meldungen über Fehlbildungen aus Frankreich

Zwischen Juni und September kamen im Sankt-Marien-Hospital in Buer drei Säuglinge mit fehlgebildeten Händen zur Welt. „Das mehrfache Auftreten jetzt mag auch eine zufällige Häufung sein. Wir finden jedoch den kurzen Zeitraum, in dem wir jetzt diese drei Fälle sehen, auffällig“, schreibt die Klinik auf ihrer Internet-Seite. Auch aus Frankreich gibt es Meldungen über eine auffällige Häufung solcher Fälle. So wurden im Bezirk Ain, nordöstlich von Lyon, zwischen 2000 und 2014 18 Babys mit einer Fehlbildung der Hände geboren.

In NRW werden alle Kliniken abgefragt

In NRW will das dortige Gesundheitsministerium nun alle Kliniken im Land abfragen, ob dort ähnliche Fälle vorgekommen sind. Das Bundesgesundheitsministerium teilte auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass den zuständigen Bundesbehörden „keine Erkenntnisse über eine auffällige Häufung von Fehlbildungen bei Neugeborenen vorliegen“. Auch der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg ist darüber nichts bekannt.

Da es in Deutschland kein bundesweites Melderegister für derartige Fälle gibt, ist die Datengrundlage unklar. In Sachsen-Anhalt gibt es ein solches Register. Dort stammen die jüngsten Zahlen aus dem Jahr 2017, in dem es keine Fehlbildungen an Hand und Arm gegeben habe.

Datengrundlage zu gering für verlässliche Schlussfolgerungen

In Veröffentlichungen wurden um 50 Fälle aus ganz Deutschland aus den vergangenen Jahren zusammengetragen. Für Stephanie Roll, Statistikerin am Institut für Sozialmedizin, Epidemologie und Gesundheitsökonomie an der Berliner Charité sind die bisherigen Fallzahlen „genug, um der Sache gründlich nachzugehen, aber auch zu gering, um tatsächlich verlässliche Schlussfolgerungen ziehen zu können“. Roll sagte unserer Zeitung, dass „statistische Ausschläge durchaus normal“ seien, so könne es nach Jahren, in denen es keine Auffälligkeiten gebe, auch zu mehreren Fällen in kürzeren Zeitabständen kommen, „ohne dass daraus statistisch etwas abgeleitet werden könnte“. Jetzt sei eine genaue Beobachtung notwendig. „So wird man sich sicher anschauen müssen, ob es auch in Nachbarkliniken Fälle gibt“, sagte Roll unserer Zeitung.