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Die Fußball-WM beginnt in Stuttgart am dritten Spieltag erst richtig – Neues Konzept für die Theo.

Stuttgart - Der Anfang ist gemacht. In Stuttgart kann ein neues WM-Sommermärchen beginnen. Am Sonntagabend ging es für die deutschen Fans richtig los - mit dem 4:0-Sieg gegen Australien wurde erstmals wieder Straßenparty geübt.


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Bis Sonntagabend hatte es nicht viel zu feiern gegeben. Die Griechen hatten ihre erste Partie am Samstag verloren - Trauerzug statt Korso. Nicht viel besser erging es am Sonntagnachmittag den serbischen Fans, die zusehen mussten, wie ihr Team vom afrikanischen Gegner Ghana geschlagen wurde. Die deutschen Fußballanhänger erwarteten vor dem Anpfiff, dass es hinterher etwas zu feiern gibt. Hier die WM mit den wichtigsten Momentaufnahmen.

Leit-Gedanken. Diesmal aber sollte alles anders sein. Wenn schon Autokorso und Fanaufmarsch, dann nicht mehr konzentriert auf der Theodor-Heuss-Straße. "Die gefährliche Vermischung von Fußgängern und Fahrzeugen wollen wir nicht mehr", sagt Roland Haider, Leiter der Verkehrspolizei. Bei der WM 2006 und der EM 2008 sei es immer wieder zu gefährlichen Situationen gekommen. Das neue Leit-Konzept: Zwei neue Korsostrecken quer zur Fanmeile. "Oben" am Rotebühlplatz zwischen Österreichischem Platz und Berliner Platz. "Unten" am Hauptbahnhof zwischen Arnulf-Klett-Platz und Wagenburgtunnel. Dazwischen Fußgängerzone fürs Partyvolk. Am Sonntagabend machte Haider den ersten Härtetest. "Wir haben aber kein starres Konzept", betont er. Wichtig sei das "Fingerspitzengefühl, für die jeweilige Maßnahme den richtigen Zeitpunkt zu erwischen". Der ist in der 61. Minute des Spiels gekommen: Die Wendeschleifen werden mit Hütchen abgesperrt.

Ehren-Runde. Wie ein Schneeräumer lässt Haider nach dem Schlusspfiff die Theo-Heuss-Jubelmeile von Autos räumen. Einmündung für Einmündung. Der Effekt: Die Fußgängermassen sind mit sich allein, der Karnevalsumzug-Charakter geht verloren. Nur dort, wo hupende Autofahrer und grölende Fußtruppen aufeinandertreffen, ist WM-Stimmung wie einst. "Das macht schon ein bisschen die Stimmung kaputt", sagt Haider. Etwa 1000 Autos verteilen sich. Macht künftig der Arnulf-Klett-Platz das Rennen um die Karnevalshochburg?

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Wetter-Sorgen. Sonja Merz, Inhaberin des Biergartens im Schlossgarten, hofft auf besseres Wetter. Dabei gibt es bei ihr am Sonntagabend bereits richtige Open-Air-Stimmung, 3500 Fans sind immerhin ein kleiner Schlossplatz. "Wir hatten am Freitag einen guten Anfang, und dann wurde es immer besser." Zwei Riesenleinwände stehen im Biergarten bereit. "Und da wir diesmal LED-Leinwände haben, kann man jetzt von überall und auch bei Sonnenschein bestens sehen", sagt Merz. Ihr Wunsch: "Ein Finale mit Deutschland - und Sonnenschein."

Offenbar herrscht in den Kneipen Gutwetterlaune - anders als zu Beginn der Europameisterschaft 2008. Etwa Mohamad Musleh vom Rat-Rat im Westen: "Bisher sind wir zufrieden", sagt der 37-Jährige. Vor dem Deutschland-Sieg sei das Argentinien-Spiel am besten besucht gewesen. Dabei muss die Stimmung nicht mal angeheizt werden. Im Lokal Erdgeschoss an der Theodor-Heuss-Straße, wo australische Fans das Debakel ihres Teams erleben, hängt das Schild: "Keine Vuvuzelas."

Serben-Trauer und Leinwand-Lücke

Zapf-Hahn. Janine Wagner,23, hält die Stellung an der Esso-Tankstelle am Westbahnhof und muss sich dort mit uneinsichtigen Kunden herumschlagen. "Viele Kunden sind verwundert, wenn es bei uns nach 22 Uhr keinen Alkohol mehr zu kaufen gibt." Ein Teil sei einsichtig, ein anderer Teil werde aber aggressiv. "Dabei haben wir die Gesetze ja nicht gemacht", klagt sie. Sondern die Landesregierung. Die Nachfrage nehme seit WM-Beginn deutlich zu.


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Serben-Trauer. Melanie Münzenmaier kommt zwar aus Aichtal, fiebert aber mit Serbien-Montenegro - ihre Mutter ist Serbin. "Ich bin enttäuscht und finde, der Elfmeter war nicht gerecht, die Gelb-Rote Karte aber schon", sagt die 22-Jährige, als der Schlusspfiff zur 0:1-Niederlage fällt. Jetzt werde eben nicht Kolo getanzt, und einen Autokorso gebe es auch keinen. "Ich gehe jetzt traurig heim. Aber heute Abend hoffe ich, mit meinem Vater und Deutschland jubeln zu dürfen." Zoran Cunjal aus Schömberg tröstet sich: "Schade, dass wir verloren haben, doch die Hauptsache ist doch, dass wir überhaupt dabei sind und uns in Südafrika zeigen können."

Leinwand-Lücke. Dass es in Stuttgart diesmal kein Großleinwand-Ereignis auf dem Schlossplatz geben wird, können die Fans nicht verstehen. "Es ist traurig, dass Stuttgart als einzige Großstadt kein Public Viewing anbietet", klagt Daniel Zimmermann aus Sindelfingen. So ändern sich die Zeiten: Während das Spiel läuft, ist der Schlossplatz mit 20 Passanten der ruhigste, fußballfreiste und menschenleerste Ort der Stadt.


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