Bekommt Waiblingen doch noch ein Polizeipräsidium? Foto: Gottfried Stoppel

Experten haben die Polizeireform untersucht – und unter anderem vorgeschlagen, ein neues Präsidium für die Kreise Waiblingen und Esslingen einzurichten. Manche jubeln über den Vorschlag. Doch von der Polizeigewerkschaft kommt deutliche Kritik.

Waiblingen - Die einen freuen sich auf eine Stärkung der Rems-Murr-Polizei, die anderen kritisieren die Vorschläge als „kein Eingriff mit Augenmaß“ – so stellen sich die Reaktionen auf Vorschläge einer Expertenkommission dar, welche die Polizeireform aus dem Jahr 2012 untersucht hat. Sie stellt, wie in unserer Zeitung berichtet, dem Werk des damaligen Innenministers Reinhold Gall ein relativ gutes Zeugnis aus. Einer der Korrekturvorschläge ist allerdings ein neues Präsidium, welches die Landkreise Esslingen und Rems-Murr betreuen soll. Das Präsidium in Aalen soll für den Ostalbkreis und die Kreise Schwäbisch Hall und Heidenheim zuständig sein.

Landrat würde ein neues Polizeipräsidium begrüßen

Aus dem Polizeipräsidium Aalen, das seit der Reform für die Landkreise Rems-Murr, Ostalb und Schwäbisch Hall zuständig ist, kommt dazu kein Kommentar. Der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele will erst eine Stellungnahme abgeben, wenn sich die zuständigen Politiker für oder gegen die Reform der Reform entschieden haben. Alles andere seien Spekulationen: „Die lösen bei uns sehr große Unruhe aus.“

Im Landratsamt Waiblingen nimmt man den Vorschlag eines neuen „Präsidiums WN/ES“ dagegen freudig zur Kenntnis: „Die geografische Zusammenführung über den Schurwald hinweg ergibt aus meiner Sicht Sinn“, meint der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel. „Wir pflegen eine gute Nachbarschaft mit der Polizei und würden es natürlich begrüßen, wenn das Polizeipräsidium wieder an den Alten Postplatz zieht“, so der Landrat weiter. „Daher hoffen wir, dass die Schlussfolgerungen, die aus der Evaluation gezogen werden, in diese Richtung gehen.“

Das moderne Lagezentrum ist bereits in Waiblingen

Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Siegfried Lorek aus Winnenden frohlockt: „Die bisherige Zuordnung des Rems-Murr-Kreises zum eher ländlich geprägten Polizeipräsidium Aalen ist gemäß dem Evaluationsbericht aus kriminalgeografischen und regionalen Aspekten nicht nachvollziehbar. Dies deckt sich auch mit meiner Erfahrung aus 22 Jahren Polizeidienst“, teilt er mit. „Die damalige Entscheidung war somit definitiv falsch und kann nun korrigiert werden.“

Wo sich das neue Präsidium für den Rems-Murr-Kreis und Esslingen befinden könnte, darüber schweigt sich der Bericht aus. Doch tatsächlich gibt es einen Grund, der für einen Präsidiumssitz in Waiblingen sprechen würde: Dort befindet sich bereits ein hochmodernes Lagezentrum, das erst wenige Jahre alt ist. Laut der Polizeireform von 2012 sollte es durch einen Zehn-Millionen-Neubau in Aalen ersetzt werden – was durch den neuen Vorschlag hinfällig wäre.

Gewerkschaftler kritisiert: Die Änderungen brächten viele Nachteile

Doch nicht überall erntet die Expertise Applaus: Carsten Beck, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, nennt die Vorschläge „kein Eingriff mit Augenmaß, sondern eine Totaloperation.“ Die Änderungen brächten riesige Folgen: „Zum Beispiel gibt es sowohl in Esslingen als auch in Waiblingen eine Kripodirektion – in Aalen hingegen keine. Dort gibt es auch kein Lagezentrum.“

Auch aus anderen Gründen hält er wenig von einem neuen Präsidium in Waiblingen: „Ein Hauptziel der Reform war es, vergleichbar starke Präsidien zu bekommen. Doch so hätten wir ein sehr starkes Präsidium in Waiblingen – und ein schwaches in Aalen. Das wäre ein Unterschied wie zwischen den USA und Mexiko.“

Auch aus Altersgründen kritisiert Beck den Vorschlag. „In der Fläche ist die Polizei ohnehin schon überaltert. Wenn es so kommen sollte, wäre das Präsidium Aalen wirklich das Altenstift der Polizei.“