10 Meter lang, vier Meter breit, fast fünf Meter hoch – einer von drei gewaltigen Gasmotoren im neuen Kraftwerk Gaisburg Foto: Martin Stollberg

In das neue Kraftwerk am Neckar in Stuttgart-Ost werden gerade drei Technikungetüme eingebaut, die künftig Strom und Wärme erzeugen. Gerade entsteht auch der neue Wärmespeicher, der mit 40 Metern halb so hoch wird wie die neuen Schornsteine.

S-Ost - Einen 110 Tonnen schweren, zehn Meter langen und knapp fünf Meter hohen Motor kann man nicht mal eben schnell in sein neues „Gehäuse“ schieben. Das dauert Tage – und geschieht gerade auf der Baustelle für das neue Gasheizkraftwerk in Gaisburg. Der Spatenstich für die neue Anlage war im April 2017, die jeweils 70 Tonnen schweren Heizkessel waren im Herbst geliefert worden, die beiden jeweils 80 Meter hohen Kamine wurden im Dezember vor Weihnachten errichtet. Der Einbau der Gasmotoren ist ein weiterer „Meilenstein“ in der heißen Bauphase für das neue Kraftwerk, das Ende 2018 in Betrieb gehen soll.

Zentimeterarbeit auf Stahlträgerschienen

Die drei riesigen Gasmotoren wurden schon vor geraumer Zeit von MAN in Augsburg gefertigt und dann für einige Monate sozusagen zwischengelagert. In den vergangenen Tagen wurden sie in den Stuttgarter Hafen transportiert. Von dort bringen Transportexperten sie per Tieflader Stück für Stück zum Baugelände in Gaisburg, direkt neben dem Kohleheizkraftwerk, das für die bei den gegenwärtig niedrigen Temperaturen dringend nötige (Fern-)Wärme in Tausenden von Stuttgarter Wohnungen und Firmen sorgt.

Das Entladen der Motoren mit 20 Zylindern ist Zentimeterarbeit und wurde gestern Morgen unter anderem auch vom Vorstandsvorsitzenden der MAN Diesel & Turbo SE, Uwe Lauber, und dem Leiter der Portfolioentwicklung der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), Dirk Güsewell, bei frostigen Temperaturen beobachtet. Zunächst muss der Tieflader mit dem Motor unter einen mobilen Portalkran rangieren. Mit Hilfe dieses Schwerlastkranes werden die von Schutzfolien umhüllten Motoren dann so weit angehoben, dass der Tieflader wegfahren kann. Anschließend werden Stahlträgerschienen, die eine solche Last aushalten, zum Kran verlegt, sodass dieser mit Hilfe von Seilwinden darauf gezogen werden kann.

210 Megawatt für das Fernwärmenetz

Auf diese Weise gelangen die schon richtig ausgerichteten Motoren direkt vor die jeweiligen Kammern in dem baulich schon weit fortgeschrittenen Betriebsgebäude des neuen Kraftwerks. Über weitere Stahlträgerschienen kann der Kran mit dem Motor dann im rechten Winkel in die Kammern fahren. Der Rest ist aufwendige Verkabelungs- und Anschlussarbeit mit Rohrleitungen und Vielem mehr. Das wird in den kommenden Wochen erledigt. Ende Mai oder Anfang Juni soll die „kalte Inbetriebsetzung“ beginnen, heißt es vonseiten der EnBW-Projektleitung.

Die drei Gasmotoren werden das künftige Blockheizkraftwerk bilden, das ein zentraler Baustein in der modular aufgebauten neuen Kraftwerksanlage ist. Sie werden künftig bei kontinuierlichem Betrieb je 30 Megawatt Strom und Wärme erzeugen. In der großen Halle hinter den Motorkammern stehen die bereits erwähnten großen Heizkessel, in denen ausschließlich Wärme für das Fernwärmenetz erzeugt wird. Motoren und Kessel zusammen sollen vom Jahreswechsel 2018/2019 an für eine Wärmeleistung von bis zu 210 Megawatt für das Fernwärmenetz sorgen.

Heizung für 25 000 Wohnungen

Ein weiteres wichtiges Element der neuen Anlage, das auch deutlich sichtbar sein wird, ist der neue Wärmespeicher, der einmal 40 Meter hoch und damit halb so hoch wie die Schornsteine sein wird. Dieser kreisrunde Speicher entsteht in einer besonderen Bauweise, er wird im wahrsten Sinn des Wortes Außenwand-Element für Außenwand-Element in die Höhe gedreht. Mit dem Bau direkt zwischen dem neuen Betriebsgebäude und den bestehenden alten Ölkessel wurde gerade begonnen. Die Kessel werden nach Fertigstellung des neuen Kraftwerks nicht mehr benötigt und abgebaut.

Das neue Kraftwerk wird deutlich kleiner als die bestehende Anlage, ist gleichzeitig aber leistungsfähiger. Es wird zusammen mit den Fernwärmestandorten Altbach und Münster rund 25 000 Wohnungen, 1300 Firmen und 300 öffentliche Einrichtungen in Stuttgart und der Region mit Wärme versorgen. Die neue Anlage wird rund 60 000 Tonnen Kohlendioxid weniger ausstoßen als die bisherige. Auch der Ausstoß von Feinstaub, Schwermetallen und Schwefeldioxid wird nach Angaben der EnBW deutlich reduziert. Das Unternehmen investiert rund 75 Millionen Euro in das neue Kraftwerk.