Sympathieträger in den Zoos dieser Welt: Koala Foto: dpa

Seit die Orang-Utans in das neue Menschenaffenhaus umgezogen sind, überlegen die Wilhelma-Macher, was aus dem alten wird. Ende Juni soll sich entscheiden, ob australische Tiere einziehen – mit Koalas als Hauptattraktion.

Stuttgart - Diese Tiere sind ein Hingucker: Knopfaugen, abstehende Wuschelohren, winziges Kinn und eine im Vergleich dazu ganz schön große Hakennase. Da versammeln sich im Zoo gerne die Besucher vor dem Gehege und manchem Menschenkind entfährt ein erstauntes „Oooh!“ ob der drolligen Tierchen aus Down under – in Deutschland bisher in der Zuchtgruppe in Duisburg, sowie in Dresden (zwei Männchen) und Leipzig (ein Männchen) zu beobachten.

„Die Tiere haben schon einen Niedlichkeitsfaktor“, so beschreibt Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin die Attraktivität der Beuteltiere, die zwischen 60 und 85 Zentimeter groß und 4 bis 14 Kilogramm schwer werden, also etwas größer als ein Waschbär sind. Mit diesem hat der Koala ansonsten wenig zu tun, die Bezeichnung Koala-Bär sei falsch, betont Kölpin: „Er gehört zur Gattung der Beuteltiere, ist also mit dem Känguru oder dem Wombat verwandt.“ Von der Lebensart her könnte man ihn auch noch mit dem Faultier oder mit blätterfressenden Affen vergleichen – aber nicht mit Bären.

Koalas sind sehr anspruchsvoll

Eigentlich müsste längst jeder Zoo ein paar Koalas im Angebot haben, möchte man angesichts des schwer zu übertreffenden Sympathiewertes meinen. Warum das nicht so ist, erklärt Kölpin: „Man muss sehr viel Aufwand betreiben, um an Exemplare zu kommen und sie zu versorgen.“ In Australien gibt es zwei Arten von Koalas: Im südwestlichen Bundesland Victoria gibt es die etwas größere Art, die in dem fruchtbaren Landesteil zehntausendfach vorkommt und laut Kölpin dort zeitweise schon fast zur Plage werde. Zoos interessierten sich eher für die Züchtung der bedrohten Art aus dem nordwestlichen Queensland, von denen es höchstens noch 10 000 Exemplar gebe. „Für diese Art gibt es sogar für australische Zoos Wartelisten“, sagt Thomas Kölpin. Dank guter Kontakte ist er jedoch zuversichtlich, Tiere vom fünften Kontinent zu ergattern. In Europa sieht Kölpin für die Wilhelma jedenfalls in nächster Zeit keine Chance.

Doch nicht nur Koalas zu bekommen ist schwierig, sondern auch, sie zu halten. „Sie fressen ausschließlich Eukalyptus und sind selbst da noch sehr wählerisch“, sagt Kölpin. Ein Zoo brauche eine Vielzahl von Arten dieser Pflanze, die er den Tieren je nach Lebensphase oder -situation anbieten könne. „Da wir auch ein botanischer Garten sind, sind wir allerdings in der Lage, diese zu produzieren“, sagt der Zoo-Chef.

Altes Affenhaus stark renovierungsbedürftig

Der Koala soll also „Flaggschiff-Tierart“ eines Australienhauses werden, wie es Wilhelma-Sprecher Harald Knitter ausdrückt. Das soll nach Vorstellung der Macher im Zoo aus dem alten Menschenaffenhaus werden, in dem zurzeit Bewohner der Südamerikaanlage untergebracht sind. Diese wird gerade renoviert. Das alte Menschenaffenhaus aus den 70er Jahren ist ebenfalls renovierungsbedürftig: Dach, Strom- und Wasserleitungen sind so marode, dass „auf jeden Fall ein siebenstelliger Betrag fällig“ wird (Kölpin), um das Gebäude für Koalas und andere Neulinge wie Quolls (weiß gepunktete Beutelmarder), Baumkängurus oder Gleitbeutler mit einer entsprechenden Tag- und Nachtabteilung herzurichten. Australische Tiere, die heute schon da sind – wie Kängurus und Warane – bleiben, wo sie sind.

Kölpin glaubt, den Umbau aus Erspartem und einem Zuschuss des Fördervereins hinzubekommen. Ende Juni soll das Vorhaben konkret werden. Wenn ein Gutachten den Umbau als sinnvoll ausweist, wenn die Australier Koalas freigeben – dann könnte man schon 2020 auch vor dem Stuttgarter Australienhaus vielfach hören: „Wie niedlich!“.