Eine Verschärfung des seit Januar geltenden Fahrverbotes wird es allenfalls auf bestimmten Strecken geben. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Grüne und CDU wollen weitere flächendeckende Fahrverbote in der Landeshauptstadt vermeiden. Ein neues Gutachten, das das Verkehrsministerium in Auftrag gegeben hat, hilft ihnen dabei.

Stuttgart - Die grün-schwarze Landesregierung wird im Jahr 2020 für Stuttgart voraussichtlich kein flächendeckendes Fahrverbot für Euro-5-Diesel verhängen. Gründe sind die deutliche Verbesserung der Luftqualität durch das seit Januar und April in Stufen umgesetzte Dieselfahrverbot bis einschließlich Euro 4, Softwarenachrüstungen, die Erneuerung der Fahrzeugflotte und die Wirkung der Tarifreform im Verkehrs- und Tarifverbund (VVS), für die alle Partner rund 40 Millionen Euro pro Jahr einsetzen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte das flächendeckende Verbot für Euro-5-Diesel in seinem Grundsatzurteil von Februar 2018 vorgegeben. Es dürfe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – die Autos sind noch vergleichsweise jung – aber nicht vor September 2019 eingeführt werden, schrieben die Leipziger Richter.

Neues Wirkungsgutachten

Die Landesregierung erkennt nach dem Dieselverbot bis einschließlich Euro 4 eine neue Lage und stützt sich auf das neue, vom Verkehrministerium in Auftrag gegebene Wirkungsgutachten. Die Gutachter haben ermittelt, dass die inzwischen ergriffenen Maßnahmen bis Ende 2019 zu einer deutlichen Abnahme der Streckenlänge führen werde, an denen der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten sein wird. Die Strecken mit dieser starken Belastung werden von bisher 44 Kilometer auf noch 14 Kilometer zurückgehen. Allerdings, so die Gutachter, wird es weiterhin Stellen in der Stadt mit einer höheren Schadstofflast geben. Zum Beispiel wird für das Neckartor bis Jahresende eine Zahl von 58 Mikrogramm prognostiziert.

Ähnlich starke Überschreitungen werden an stark befahrenen Achsen wie der Heilbronner-, Pragstraße und Hohenheimer Straße erwartet. Um die Abnahmen zu erreichen, wird vorausgesetzt, dass es beim Fahrverbot bis einschließlich Euro 4 maximal 20 Prozent Ausnahmen geben wird. Die Bundesregierung hatte mit einer Gesetzesänderung 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid als Verhältnismäßigkeitswert eingeführt, ab dem auf Fahrverbote verzichtet werden kann. Die EU hat diese Neuerung zugelassen.

Auswirkungen müssen erforscht werden

In den neuen Daten sieht die Landesregierung eine Handhabe dafür, ein flächendeckendes Fahrverbot für Euro-5-Diesel zu vermeiden. Nötig wären aus Sicht von Grünen und CDU womöglich noch streckenbezogene Verbote, zum Beispiel am Neckartor. Deren Grenzen und Auswirkungen müssen berechnet werden, denn der Ausweichverkehr durch eine Streckensperrung darf nicht zu einer Überschreitung des Grenzwertes auf den Ausweichstrecken führen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte: „Das ist eine sehr gute Nachricht für alle Euro-5-Fahrer.“ Die Luftverbesserung sei auch den Fahrverboten für Euro-4-Diesel zu verdanken. Die Frage, ob auch diese aufgehoben werden können, wollte der Grünen-Politiker aber nicht beantworten. Man müsse erst schauen, wie sich die Messewerte entwickeln. Innenminister Thomas Strobl (CDU) rechnet damit, dass die Luftqualität sich weiter verbessert, sobald alle Maßnahmen greifen.