Bassist Guy Berryman, Sänger Chris Martin und Gitarrist Jonny Buckland, von der britischen Band Coldplay (hier bei einem Konzert in Warschau). Foto: epa pap

Die britische Band Coldplay ist mit einem neuen Album zurück. Laut Kritikern klingen sie endlich wieder wie sie selbst, nachdem die vorherige Platte zu melancholisch war.

Berlin - Es wirkt, als wollte Coldplay schnell das vorherige, durch und durch traurige Album „Ghost Stories“ aus dem Gedächtnis der Fans verdrängen. Nur eineinhalb Jahre später - doppelt so schnell wie sonst üblich - legt die Band mit „A Head Full of Dreams“ nach. Die Songs des inzwischen 7. Coldplay-Albums klingen wieder merklich fröhlicher, sofern das für eine Band gilt, die an sich für gepflegte Melancholie steht.

In „Ghost Stories“ verarbeitete Frontmann Chris Martin ganz offensichtlich das Scheitern seiner Ehe mit Schauspielerin Gwyneth Paltrow nach einem Jahrzehnt. Die Lieder ertranken in Melancholie, bis hin zum fast schon zu überschwänglichen Schlusspunkt „A Sky Full Of Stars“, in dem Klavier-Akkorde von entfesselten Tanz-Beats gejagt wurden.

Keine Tour nach „Ghost Stories“

Passend zu der Stimmung des Albums ging Coldplay nach „Ghost Stories“ nicht auf Tour, sondern ins Studio, um gleich neue Songs aufzunehmen. Es sollte anders werden. Er denke bei Musik oft an Farben, sagte Martin in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“. „Das vergangene Album, das wir gemacht haben, war eher in Silber- und Blautönen gehalten. Mit diesem wollen wir das ganze Spektrum abdecken.“

Tatsächlich klingt „A Head Full of Dreams“ vom ersten Takt an munterer. Mit der für Coldplay typischen Mischung aus Gitarre und Klavier, über der Martins Stimme schwebt. Man erkennt sofort die Stellen, an denen Fans die Refrains mitsingen sollen - schließlich steht im kommenden Jahr wieder eine große Stadion-Tour an.

Selbst eigentlich melancholische Texte werden von einem schnellen Schlagzeug nach vorn getrieben, es dauert bis zum vierten Song, „Everglow“, bis die erste Klavier-Ballade kommt. Ironischerweise ist „Fun“ (Spaß) eigentlich der traurigste Titel des Albums, in dem es wieder um ein Beziehungsaus geht. Aber selbst hier ist es eher eine bewältigte Trauer: „Didn’t we have fun?“, fragt Martin im Refrain, hatten wir nicht Spaß?

In einem Jahrzehnt zu Weltstars

Colplay war binnen eines Jahrzehnts von einem Geheimtipp zu einer Erfolgsband geworden, die mit dem Mix aus Melancholie und schneidenden Gitarrenriffs Stadien füllt. Der entwaffnende Hit „Viva La Vida“ machte die Briten 2008 endgültig zu Weltstars. Das neue Album zeigt einmal mehr, wie sehr die Musik von Coldplay den Gemütszustand von Chris Martin widerspiegelt.

„Selbstzweifel und Depression sind genauso wie Glücksgefühle nützlich, wenn man sie bändigen kann“, sagte der 38-Jährige dem „Wall Street Journal“. Er hat inzwischen eine neue Freundin, die Schauspielerin Annabelle Wallis. Ihre Stimme ist ebenso wie die von Martins Kindern und auch von Gwyneth Paltrow auf dem Album zu hören.

Schreiben sei eine Therapie, sagt Martin. „Man nimmt ein Blatt Papier und einen Stift und schreibt zwölf Minuten lang alles auf, was einem einfällt, unredigiert, unzensiert, nur um es aus dem Kopf zu bekommen.“ Dann sollte man das Ergebnis wegwerfen und sei bereit zum richtigen Schreiben. Außerdem faste er an einem Tag pro Woche, weil das die Sinne schärfe und dankbar für Essen und das Leben insgesamt mache. „Man schreibt einen Song an einem Dienstagmorgen, nachdem man Cornflakes hatte - und die Welt ist perfekt.“