Die Uni Hohenheim entwickelt zum Beispiel Methoden gegen Bodenerosion- ein gefragtes Feld für Studenten aus Entwicklungsländern. Foto: Kovalenko

Studierende aus Entwicklungsländern sind von den in Baden-Württemberg geplanten Studiengebühren besonders betroffen, warnen Entwicklungspolitiker. Schon jetzt verzeichnet die Uni Hohenheim Absagen in ihren umweltorientierten Studiengängen.

Stuttgart - Wissenschaftler und namhafte Vertreter entwicklungspolitischer Organisationen appellieren an die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), das geplante Gesetz zu Studiengebühren für internationale Studierende zurückzunehmen.

Ab Herbst sollen Studenten aus Nicht-EU-Staaten in Baden-Württemberg 1500 Euro Gebühren pro Semester bezahlen. Das treffe vor allem junge Menschen aus Entwicklungsländern, kritisieren die 50 Unterzeichner des Appells, zu denen Till Wahnbaeck, der Chef der Welthungerhilfe ebenso gehört wie Joachim von Braun, der Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung in Bonn und zahlreiche Professoren der Uni Hohenheim.

„Die Gebühren schaden der Entwicklungszusammenarbeit. Sie stehen im Widerspruch zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung und sie sind nicht sozial verträglich“. So fasst die Hohenheimer Professorin Regina Birner die Kritik an dem Vorhaben zusammen.

Absagen in Hohenheim

Mehr als zwei Drittel der Nicht-EU-Studenten in Baden-Württemberg kommen nach Darstellung Birners aus Entwicklungsländern. Viele würden hier Studiengänge belegen, die zu nachhaltiger Entwicklung und zur Lösung von Umweltproblemen in ihren Heimatländern beitragen könnten. Erste negative Auswirkungen bekommt die Uni Hohenheim mit ihren umweltorientierten Studiengängen bereits zu spüren. Birner berichtet von einer „erheblichen Zahl von Absagen“ von Bewerbern aus Entwicklungsländern, die bereits einen Zulassungsbescheid hätten. Die Zahl der Bewerber sei zum Teil um ein Drittel zurückgegangen.

„Problematisches Signal“

Der Plan, Gebühren zu erheben, „widerspricht der Nachhaltigkeitsstrategie, zu der sich die grün-schwarze Landesregierung bekennt“, kritisiert auch Claudia Duppel, die Geschäftsführerin des Dachverbandes Entwicklungspolitik Baden-Württemberg. „Gebühren für ausländische Studierende sind ein besonders problematisches Signal in einer Zeit, in der immer mehr Staaten eine nach innen gekehrte und auf Ausgrenzung zielende Politik betreiben“, warnt Duppel mit Blick auf die internationale Lage. Die Initiatoren des Aufrufs befürchten, einen bundesweiten Impuls. „Aus allen Ländern wird genau auf Baden-Württemberg geschaut“, stellt Duppel fest. Nun wollen sich die Kritiker an das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit wenden. So wollen sie verhindern, dass andere Länder dem Beispiel des Südwestens folgen.

Ausnahmen nicht weitgehend genug

Die Ausnahmeregelungen, mit denen das Wissenschaftsministerium seinen Entwurf nach Kritik in der Anhörungsphase nachgebessert hat, gehen Duppel und Birner nicht weit genug. Nun könnten fünf Prozent der Studierenden aus den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP-Staaten) ausgenommen werden, betroffen seien aber mehr als 60 Prozent. Zumindest sollten alle Studenten aus Entwicklungsländern von den Gebühren befreit werden, fordern sie. Bauer hält dagegen. Mit Ausnahmeregelungen und Stipendien könnten künftig gezielt die Studierenden gefördert werden, die sich sonst ein Studium nicht leisten könnten. Scharfer Protest gegen das Gesetz kommt von SPD und FDP.