Der Internationale Währungsfonds empfiehlt Finanzminister Wolfgang Schäuble, die Spielräume im Haushalt für Steuersenkungen und höhere Investitionen zu nutzen. Foto: dpa

Die deutsche Politik soll die Haushaltsüberschüsse nutzen, um Steuern zu senken und Investitionen anzukurbeln. Damit kann nach Meinung des Internationalen Währungsfonds (IWF) langfristig das Wachstum gesichert werden.

Berlin - Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in einem neuen Länderbericht die Bundesregierung aufgerufen, sich nicht auf der guten wirtschaftlichen Lage auszuruhen. Die deutsche Wirtschaft befinde sich zwar in einer glänzenden Verfassung, wozu Innovationen, frühere Reformen und eine gutes soziales Sicherungsnetz beitrügen. Nach Einschätzung des IWF bleibt Deutschland auf Wachstumskurs. Allerdings machen die Washingtoner Volkswirte auch Bremsspuren aus, die sich auf lange Sicht negativ auswirken könnten. Die Löhne seien angesichts der guten Lage der Unternehmen zu wenig gestiegen, was ein Grund dafür sei, dass die Inflationsrate unter dem von der Europäischen Zentralbank vorgegebenen Zielmarke von zwei Prozent liege. Auch die Investitionsneigung der Unternehmen lasse nach. Das sei ein Hinweis darauf, dass die Unternehmen im Ausland bessere Investitionsmöglichkeiten vorfänden. Die Bundesregierung solle den finanziellen Spielraum im Haushalt nutzen.

Politik soll bei Löhnen auf Tarifpartner einwirken

Die IWF-Expertin Enrica Detragiache wies zwar darauf hin, dass die Lohnpolitik Angelegenheit der Tarifpartner sei. Die Politik solle aber ihren Einfluss geltend machen und auf höhere Lohnabschlüsse dringen. „Eine stärkere Lohndynamik ist hilfreich für die Wirtschaftsentwicklung“, sagte die IWF-Vertreterin. Dies gelte insbesondere nach einer langen Phase mit moderaten Lohnsteigerungen. Ein kräftigerer Lohnanstieg könne zur Normalisierung der Geldpolitik im Euroraum beitragen. Außerdem rief der IWF zu Steuersenkungen auf. Die Steuern auf Arbeitseinkommen sollten reduziert werden. Handlungsbedarf sieht der Währungsfonds vor allem bei den kleinen und mittleren Einkommen. Die gute Haushaltslage der öffentlichen Kassen erlaube eine Steuerentlastung. Darüber hinaus sollten die öffentlichen Ausgaben für Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung gesteigert werden.

IWF empfiehlt Abkehr vom Sparkurs

In der Finanzpolitik empfiehlt der IWF eine Abkehr vom strikten Sparen. Die Bundespolitik solle kleine Haushaltsdefizite in Kauf nehmen, um damit die Steuerreform und Investitionsprogramme zu finanzieren. Dies sei nach den Regeln zur Schuldenbremse möglich. Der IWF sieht in geringfügigen Defiziten keine Gefahr für die Stabilisierung. Auch mit kleineren Defiziten und gutem Wachstum könne das Ziel erreicht werden, die Gesamtverschuldung des Staates unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Dazu sind die Euroländer nach dem Maastricht-Vertrag verpflichtet.

Der IWF rief Deutschland auf, seinen Leistungsbilanzüberschuss zurückzuführen. Die IWF-Experten erwarten allerdings, dass das Plus im deutschen Außenhandel von zurzeit 8,3 Prozent der Wirtschaftsleistung langsam sinkt. Bis 2022 gehe der Überschuss auf 7,5 Prozent zurück.