Für die CSU könnte der Wechsel an der Spitze ein erster Schritt in Richtung Neuanfang sein. Foto: Getty Images Europe

Die CSU hat sich endlich wieder gefangen. Aber das liegt nicht nur daran, dass Horst Seehofer als CSU-Vorsitzender zurückgetreten und Markus Söder ihn beerben wird, meint Autor Paul Kreiner.

München - Endlich. Nach den jahrelangen Hahnenkämpfen um die Parteispitze, nach dem heillosen Dauer-Hickhack mit der Schwester CDU, nach dem bedrohlichen Wackelkurs in Richtung rechtsaußen – endlich hat sich die CSU wieder gefangen. Der Parteitag in München hat am Samstag ja nicht nur Horst Seehofers diesmal endgültigen Rücktritt dankend entgegengenommen und Markus Söder mit erstaunlich hohem Ergebnis zum Nachfolger gewählt. Es ist noch mehr passiert. Der Auftritt der neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer signalisiert das Ende einer Ära, die von der persönlichen Rivalität zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel vergiftet war. Jetzt ereignet sich tatsächlich ein Generationswechsel, und der Wille zu vernünftiger Nähe scheint diesmal ehrlich.

Noch erstaunlicher war in München aber zu beobachten, wie entschieden sich die CSU auf einmal zu einer rückhaltlos europafreundlichen Partei wandeln will. Klar, der Sparring-Partner ganz rechts außen, der neuerdings einen „Dexit“ fordert und damit mitten im „Brexit“-Chaos das Schlimmste auch für Deutschland befürchten lässt, der macht diesmal eine klare Abgrenzung leicht. „Nachlaufen“, wie es Markus Söder heute ausdrückt, mag der AfD niemand mehr, Das ist schon mal ein Segen. So viel Klarheit hätte man sich schon früher gewünscht, auch und gerade von Söder selbst.

Markus Söder verspricht Rückkehr zu Streitkultur

So gesehen ist Manfred Weber, der sich ohne verlässlichen Rückhalt aus München aus eigener Kraft zum gesamteuropäischen Spitzenkandidaten der EVP nach oben gearbeitet hat, ein Glücksfall nicht nur für die CSU, sondern für die gesamte deutsche Europapolitik. Vorerst beklatscht ihn die CSU deshalb so stürmisch, weil sie hofft, von Webers Glanz als eines künftigen Chefs der EU-Kommission könnte auch die daheim schwer geschlagene Partei profitieren. Wie dauerhaft und wie ehrlich die neue Europabegeisterung ist, das wird sich am Abend des 26. Mai erweisen, wenn die Stimmen ausgezählt sind.

„Profil mit Stil“ hat Markus Söder als Motto über seine künftige Politik geschrieben. Damit verspricht er die Rückkehr auch zu einer zivilen Diskussions- und Streitkultur. „Einladend und nicht ausgrenzend“ soll seine CSU sein. Wie das in der Praxis aussieht, muss sich erst zeigen. Ein verheißungsvoller Neuanfang aber ist gemacht.