Großer Andrang am S-Bahnhof Leinfelden: Im Oktober 2015 ist dort der erste Stadtbahnzug der U5 eingefahren. Foto: Archiv/Natalie Kanter

Ein seit Jahrzehnten gehegter Wunsch rückt ein wenig in Richtung Wirklichkeit: eine Stadtbahnlinie zwischen Leinfelden und Echterdingen. Der Chefplaner hat jüngst Einzelheiten zu dem Projekt erläutert.

Leinfelden-Echterdingen - Im Stau zu stehen, das gehörte zumindest vor der Coronapandemie zum Alltag vieler, die in Leinfelden-Echterdingen leben oder arbeiten. Entlastung soll eine Verlängerung der Stadtbahnlinie U5 um fünf Kilometer bringen, die seit Oktober 2015 auf gleicher Höhe mit der S-Bahn am Leinfelder Bahnhof endet. Pendler aus Stuttgart könnten dann mit dieser Linie über den Neuen Markt und durch die Streuobstwiesen der Schelmenäcker bis nach Echterdingen fahren.

Vergangene Woche nun ist diese Verkehrsentlastung ein Stückchen realistischer geworden. Denn erstmals hat Volker Christiani, Chefplaner der Stuttgarter Straßenbahnen, gesagt, wann das Verkehrsunternehmen sich vorstellen kann, mit diesem Projekt zu beginnen.

Fest steht nun: Bis dahin werden sich noch jede Menge Autos durch die Straßen von Leinfelden-Echterdingen quälen. Denn dieses Projekt ist keines, das in „vier bis fünf Jahren fertig ist“, mit einem Baubeginn könne „nicht vor dem Jahr 2027 gerechnet werden“, erklärte Christiani in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Als Grund für den doch recht späten Zeitpunkt nannte er, dass das Stuttgarter Verkehrsunternehmen bis dahin mit vielen anderen Großprojekten ausgelastet sei.

Kommt Leinfelden-Echterdingen zuletzt an die Reihe?

„Das kann man schon bedauern“, sagt Bürgermeisterin Eva Noller dazu unserer Zeitung auf Anfrage. Genauso wie die Freien Wähler/FDP, die nach dem Vortrag von Christiani feststellten, dass dieses Projekt schon vielfach geschoben wurde. Bürgermeisterin Noller hatte bei einem Vorgespräch mit der SSB gefragt: „Warum kommen alle anderen Projekte vor uns dran?“ Das sei schon mal anders gewesen. Im Jahr 2014 sei die SSB auf die Stadt zugegangen, das Verkehrsunternehmen hatte damals von der Kommune wissen wollen, wie es mit den Plänen zur U5-Verlängerung aussehe. Damals hatten die SSB offenbar weniger Großprojekte zu erledigen wie jetzt.

Gerade werden die Vorentwürfe zur U5-Verlängerung, die laut der Bürgermeisterin neun Jahre alt sind, aktualisiert. Die Stadt wird ein externes Büro mit einer Kosten-Nutzen-Untersuchung beauftragen, eine standardisierte Bewertung des Projekts wird erstellt. Die voraussichtlichen Kosten werden neu berechnet. Im Jahr 2011 wurde eine Summe von 4,4 Millionen Euro genannt, im Jahr 2018 war bereits von 15,3 Millionen Euro die Rede gewesen.

Klar ist bereits, dass im November dieses Jahres damit begonnen werden soll, die Stadtbahnstrecke vom Leinfelder Bahnhof bis zum Neuen Markt zu verlängern. Die U5 erschließt so – voraussichtlich von September 2023 an – auch das Zentrum von Leinfelden und das Neubaugebiet Schelmenäcker. Dieses Stückchen neue Strecke umfasst gerade einmal 650 Meter und wird dennoch 11,9 Millionen Euro kosten. Der Anteil der Stadt Leinfelden-Echterdingen liegt bei 5,3 Millionen Euro, wovon der Landkreis Esslingen 1,67 Millionen Euro übernehmen muss. Will heißen, die Kommune muss 3,63 Millionen Euro allein in diesen Streckenabschnitt investieren. Wie zu erfahren war, sollen sich die tatsächlichen Kosten aber noch einmal ändern.

Wie kann der Takt verbessert werden?

Eigentlich sollte die Baumaßnahme bereits Mitte 2021 beginnen. Wegen der Coronakrise musste die Auslegung der Pläne aber um ein halbes Jahr unterbrochen werden, erläuterte der SSB-Chefplaner in der Sitzung. Eine erneute Auslegung wurde erforderlich. Mittlerweile stehe fest, dass es keinen Erörterungstermin brauche. Mit dem Planfeststellungsbeschluss wird für Mai gerechnet.

Ein „sauberer Zehn-Minuten-Takt“ sollte derweil für die U5 möglich sein, versprach Christiani. Dafür ist allerdings eine zusätzliche Linie im 20-Minuten-Takt notwendig, die von Leinfelden nach Vaihingen oder Dürrlewang fährt. Umsonst gibt es diese Taktverbesserung nicht. Die Kosten für Leinfelden-Echterdingen betragen zwischen einer halben bis zu einer starken Million Euro pro Jahr, je nachdem, ob die zusätzliche Stadtbahnlinie nur in der Hauptverkehrszeit oder ganztägig fahren soll. Die SSB schlägt vor, diese Taktverdichtung mit der Inbetriebnahme der Haltestelle Neuer Markt vorzunehmen. Darüber will die Stadt allerdings noch sprechen.

Ebenfalls nicht als Geschenk ist derweil der neue Haltepunkt der Stadtbahn U6 zu haben, den sich die Kommune im Echterdinger Norden, im Gebiet Erlenbrunnen, wünscht. Dies hatte die Grünen-Fraktion vor etwa zwei Jahren ins Spiel gebracht. Die Idee: Für die Mitarbeiter der zahlreichen Firmen und Hotels, die in unmittelbare Nähe liegen, eine bessere Anbindung ans Schienennetz zu schaffen. Heute ist dort noch ein Feld, in der Nähe liegt ein Salzlager.

Dazu hatte Christiani eine erste grobe Kostenschätzung in die Sitzung mitgebracht, die liegt bei 1,2 bis 1,5 Millionen Euro. Der SSB-Chefplaner machte an diesem Punkt aber sehr deutlich, dass, wenn sich die Stadt diesen weiteren Haltepunkt wünscht, sie sich auch an den Herstellungs- und Betriebskosten der U6 beteiligen muss. Was die Kommune bisher nicht macht. „Sinn macht dieser neuer Haltepunkt allemal“, sagt Bürgermeisterin Eva Noller. Allerdings müsse die Stadt dies auch bezahlen können.