Günther Jauch hat souverän moderiert. Aber hat er sich auch als Oberschlaukopf erwiesen? Foto: RTL

Günther Jauch gegen drei Frauen und den Rest von Deutschland: Das klingt wie ein ziemlich überzogenes Konzept für noch eine Show. Aber „Bin ich schlauer als Günther Jauch?“ hat sich als nett altmodische Abwechslung zu „Wer wird Millionär?“ entpuppt.

Stuttgart - Auf die Frage, wofür die Abkürzung RTL denn stehe, gab es in der Anfangszeit des deutschen Privatfernsehens, in den achtziger Jahren, eine einprägsame Antwort: für „Rammeln, Töten, Lallen“. Das war ein bisschen gemein, aber auch ziemlich zutreffend. Niemand hätte sich damals träumen lassen, dass RTL mal einen ganzen Abend dem Thema Gehirn widmen und eine Vier-Stunden-Show voller Intelligenztests ausstrahlen würde. Aber unter anderem Günther Jauch und das eingekaufte Quizformat „Wer wird Millionär?“ haben das Image und die Publikumsstruktur des Kölner Senders allmählich verändert, und so hing am Freitagabend das zuvor massiv beworbene TV-Event „Bin ich schlauer als Günther Jauch?“ nicht als Fremdkörper im Programm.

Ob wirklich allzu viele Deutsche vorab Günther Jauch für einen der schlausten Köpfe im Land hielten? Egal, die Fiktion, ein staunenswert pfiffiger TV-Obermerker kaufe uns da seit Jahren den Schneid ab, nun aber gebe es endlich die Gelegenheit nachzuprüfen, ob er nicht ein bisschen blufft und man selbst kein ganzes Dooferle ist, funktioniert prima als Brennstoffbeimischung einer Quizshow.

Jauch gegen drei Frauen

Dass Jauch jedenfalls ein guter Moderator ist, beweist er mit der Methode „Lieber zu wenig als zu viel“ im Umgang mit den drei Studiokandidatinnen. Von denen kommt ihm nur eine, die Dschungelcamp-Moderatorin Sonja Zietlow, immer wieder entgegen. Die mit ihrer Figur Cindy von Marzahn bekannt gewordene Krawallkomikerin Ilka Bessin und die show-erfahrene Kampagnenjournalistin Alice Schwarzer dagegen setzen auf unterschiedliche Grade der Konfrontation. Sie nutzen routiniert vorlaute Pampigkeit (Bessin) ebenso wie säuerlich ironische Infragestellung des Gegenüber (Schwarzer). Das kann eine Show leicht zum Kippen bringen, aber Jauch federt das freundlich ab, als seien es geskriptete Sketche.

Im Kern ist „Bin ich schlauer als Günther Jauch?“ Fernsehen aus der Anfangszeit des Mediums, als Volksbildungswille, Knobelspaß und Budgetzwänge aufeinander trafen. Es geht nicht um abstrus entlegenes Detailwissen, nicht um Sonderhobbys, Sportfanatismus oder Promiklatsch, auch nicht um heillos vertrackte Mixe aus Rätsel und Kalauer. Es geht tatsächlich um den menschlichen Verstand in Aktion.

Mit dem Denken kommt die Schläue

So sehen wir dann, dass es gar nicht so leicht ist, aus vier Bildern von Händen fix zu extrahieren, wie viele linke und wie viele rechte da zu sehen waren – aber auch gar nicht so schwer. Die Show erinnert an jene Mutmachsendungen, die fortgeschritten Unsportliche aus der Einsinkkuhle ihrer Couch treiben wollen, nach dem Motto: Rin in die Puschen, Schläue kommt mit dem Denken, nicht Denken mit der Schläue.

Jauch hat, von Kameras beobachtet, in einer Laborsituation die Aufgaben vorab gelöst und gar nicht so gut abgeschnitten. Zusätzlich zu seinen Testergebnissen werden die von 1000 Deutschen immer mal wieder herangezogen, die liefern die bundesdeutsche Durchschnitts-Cleverness. Die Studiokandidaten knobeln mit, die Zuschauer daheim auch, man kann ja gar nicht anders, als sich beim Zuschauen auf solche Herausforderungen einzulassen. Damit die Tests kein beliebiger Hindernisparcours bleiben, erläutert der Neurobiologe Martin Korte von der TU Braunschweig, welche Fähigkeiten da jeweils benötigt werden und wie unser Gehirn den ganzen Tag so vor sich hin arbeitet. Und immer wieder klingt eine gute Kunde gerade in diesen Zeiten durch: Denken kann man lernen.

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