In 15 Minuten von Untertürkheim nach Kornwestheim: Die Schusterbahn verkehrt momentan aber nur sechsmal auf dieser Strecke und retour. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wie geht es weiter mit der Schusterbahn, die nur werktags in der Hauptverkehrszeit zwischen Untertürkheim und Kornwestheim fährt? Wir stellen die Pläne vor.

Stuttgart - Immerhin gibt es noch ein Fragezeichen: Startschuss für die Schusterbahn? Mit dieser Schlagzeile überschreibt die Fraktion Linke/Pirat der Regionalversammlung ihren Antrag zum Ausbau der Schienenverbindung zwischen Stuttgart-Untertürkheim und Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg). Das Ziel ist eine Integration des Teilstücks in eine neue Express-S-Bahn S 11 von Plochingen (Kreis Esslingen) bis nach Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg). Das wäre eine neue Tangentialverbindung im Osten Stuttgarts, die bei der Fahrt zwischen den Großräumen Esslingen und Ludwigsburg den Umweg und das Umsteigen im Stuttgarter Hauptbahnhof überflüssig macht.

Was hat sich geändert?

Den Plan gibt es schon seit Jahren, erstmals aber ist eine Mehrheit in der Regionalversammlung zum Greifen nah: die Befürworter von Grünen, SPD, FDP, Linke/Pirat und wohl auch ÖDP, die eine Fraktionsgemeinschaft mit der CDU bilden, haben eine knappe Mehrheit in der 88-köpfigen Regionalversammlung. Das wirkt sich auch in der Reaktion der bislang den Aktivierungsplänen eher skeptisch gegenüberstehenden Verbandsverwaltung aus. Sie will, so der Beschlussvorschlag für die Sitzung des regionalen Verkehrsausschusses am Mittwoch, 17. Juni (15 Uhr, Hospitalhof), nun bis Juli prüfen, ob und wie das Konzept umgesetzt werden könnte. „Erstmals signalisiert die Verbandsverwaltung Zustimmung“, sagt der Linke-Regionalrat Wolfgang Hoepfner, „die Schusterbahn scheint endgültig Fahrt aufzunehmen.“

Wie ist die Ausgangslage?

Der Name Schusterbahn rührt daher, dass mit ihr vor Jahrzehnten Arbeiter zum Salamanderwerk nach Kornwestheim fuhren. Auch heute noch ist die 11,5 Kilometer lange Verbindung für Beschäftigte beim Daimler und im Großraum Kornwestheim/Ludwigsburg sowie für Schüler attraktiv. Rund 500 Fahrgäste pro Werktag nutzen das Angebot. Momentan werden werktags morgens und abends je drei Zugpaare im Stundentakt eingesetzt. Gefahren wird mit einem elektrischen Triebzug ET 426 mit 100 Sitzplätzen. Die Bahn fährt vom Bahnhof Untertürkheim über die Haltepunkte Ebitzweg, Bahnhof Münster und Zazenhausen nach Kornwestheim. Die Fahrt dauert eine Viertelstunde. Ansonsten wird die Strecke über das imposante Cannstatter Viadukt, das das Neckartal überspannt, vom Güterverkehr genutzt.

Was wollen die Antragsteller?

Ziel des Antrags ist eine tägliche barrierefreie und umsteigefreie Direktverbindung zwischen 5 und 0.30 Uhr (samstags und sonntags späterer Betriebsbeginn). Werktags zwischen 5.30 und 19.30 Uhr soll ein Halbstundentakt gefahren werden. Die neue S 11 soll als Express-S-Bahn verkehren, das heißt: Sie fährt ohne Halt durch von Bietigheim bis Ludwigsburg und von Untertürkheim bis Esslingen/Plochingen, auf diesen Abschnitten fahren andere S-Bahn-Linien mehr Haltestellen an. Zwischen dem Ludwigsburger Bahnhof und Zazenhausen soll die S 11 über den Rangierbahnhof Kornwestheim und einen zusätzlichen Haltepunkt W&W-Versicherungen geführt werden, Nachteil: Sie hält nicht mehr am Kornwestheimer Bahnhof. Eingesetzt werden sollen Fahrzeuge mit der Bodenhöhe 76 Zentimeter wie der ET 426. Die S-Bahnen auf den anderen Linien brauchen einen 96 Zentimeter hohen Bahnsteig. Eine Erhöhung der Bahnsteige auf der Schusterbahn wäre nicht nur teuer, es wird wegen Konflikten mit dem Güterverkehr von der Bahn AG abgelehnt.

Was spricht dafür?

Die Antragsteller sehen ein Potenzial von 19 000 Fahrgästen. Es würden Neukunden gewonnen, und die S 1, S 4 und S 5 sowie der Hauptbahnhof entlastet. Zudem bestünde bei Störungen im Hauptbahnhof, auf der Stammstrecke oder im überlasteten Nordzulauf Feuerbach/Zuffenhausen eine Umfahrungsmöglichkeit. Da vorhandene Schienenwege genützt würden, wären nur vergleichsweise geringe Infrastrukturinvestitionen (zweiter Bahnsteig im Bahnhof Münster, drittes Gleis zum Überholen von Güterzügen) nötig.

Was spricht dagegen?

Die Gegner verweisen auf die unterschiedlichen Bahnsteighöhen, die zu Problemen bei der Barrierefreiheit und beim Betrieb führen würden. Deshalb habe ein Gutachter auch empfohlen, S-Bahn-Fahrzeuge wie auf den anderen Linien einzusetzen. Das würde Umbaukosten auf der Strecke von mindestens 60 Millionen Euro verursachen. Zudem bezweifeln sie, dass die Fahrgastnachfrage so groß ist. Es gebe vor allem Verlagerungen von anderen Linien. Außerdem meinen sie, dass die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 und die Ausbaupläne im nördlichen Zulauf abgewartet werden müssten. Angesichts der hohen Investitionen der Region in neue S-Bahnen und die Signaltechnik ETCS stelle sich auch die Frage der Finanzierung.