Autos ohne Ende: Wie hier in der Mörikestraße sind Parkplätze in der ganzen Weststadt Mangelware. Foto: factum/Simon Granville

Der Name ist sperrig, die Folgen sehr konkret: Ludwigsburg führt in der West- und in der Südstadt ein Parkraummanagement ein. So sollen Wohngebiete vom Verkehr entlastet werden. Die Stadt rechnet mit Einnahmen in Millionenhöhe.

Ludwigsburg - Wäre die Ludwigsburger Weststadt ein Herz, sie wäre wahnsinnig infarktgefährdet. Das gesamte Gebiet ist durchzogen von Adern, von denen die allermeisten keine gesunde Farbe haben. „Da muss sich dringend etwas ändern“, würde ein Kardiologe zur Weststadt sagen, käme sie in seine Praxis.

Tatsächlich wird sich auch etwas ändern – die Therapie stammt allerdings vom Fachbereich Nachhaltige Mobilität im Ludwigsburger Rathaus. Denn die besorgniserregend gefärbten Adern sind in Wahrheit Straßen, die völlig überlastet sind mit geparkten Autos. Und zwar Tag und Nacht. Die Bewohner der Weststadt kämpfen schon seit Jahren für Abhilfe. Dass sie nun greifbar ist, kommt nicht nur den Mitgliedern des Ausschusses für Mobilität, Technik und Umwelt denn auch fast historisch vor.

Sonderzone rund um die Arena

Die Änderung ist im Prinzip ganz einfach. Künftig gilt: Parken kostet. Auf diese Weise sollen Pendler und Besucher, etwa der Arena, davon abgehalten werden, durch die Straßen der Weststadt zu kurven auf der Suche nach einem kostenlosen Platz – der dann den Bewohnern nicht mehr zu Verfügung steht. Stattdessen sollen sie die seit jeher kostenpflichtigen Parkhäuser ansteuern. Die Bewohner hingegen können sich einen Anwohnparkausweis ausstellen lassen. Für ein Jahr kostet er aktuell 30 Euro.

Damit die Therapie nicht konterkariert wird, wird rund um den „veranstaltungsintensiven Bereich“ beim Bahnhof eine Art Sonderzone eingerichtet. Dort soll die Gebührenzeit nicht wie im restlichen Stadtgebiet um 19 Uhr enden. Besucher der Arena würden sonst wohl doch wieder in die Umgebung ausweichen.

Wüstenrot-Mitarbeiter sollen draußen bleiben

Auch in der nicht minder geplagten Südstadt führt die Stadt das so genannte Parkraummanagement ein. Allerdings wird es in diesem Gebiet kein Monatsticket geben. Hauptsächlich Mitarbeiter von Wüstenrot, so die Sorge der Verwaltung, würden dies nutzen, um weiterhin in den Straßen der Südstadt zu parken – weil das noch immer günstiger wäre als die Gebühr für einen Firmenstellplatz auf dem Wüstenrot-Gelände.

Wenn das System im April des kommenden Jahres eingeführt wird, wird damit der Parkraum im gesamten zentralen Stadtgebiet bewirtschaftet. Dass es so lange dauert bis zum Start, liegt in erster Linie daran, dass die Stadt erst mal die Parkautomaten beschaffen muss, wofür eine EU-weite Ausschreibung nötig ist. Schätzungsweise 220 Automaten sind nötig, die rund 1,3 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen Kosten für die Wartung und die Bearbeitung des Münzgeldes sowie für zusätzliches Personal. Sechs neue Stellen schafft die Stadt im Vollzugsdienst und bei der Bußgeldstelle. Eigentlich sollten es fast doppelt so viele sein. Doch die zu erwartende coronabedingte Haushaltsmisere hat den ursprünglichen Ansatz zunichte gemacht.

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Nichtsdestotrotz, das Geld scheint gut angelegt. Die Stadt erwartet jährliche Einnahmen von rund 2,3 Millionen Euro. Diese Summe setzt sich zusammen aus Parkgebühren, Bußgeldern und Gebühren für Anwohnerparkausweise. Klaus Herrmann (CDU) betonte sicherheitshalber, dass das Parkraumkonzept nicht eingeführt werde, um Einnahmen für den städtischen Haushalt zu erzielen.

Abschließend muss in der kommenden Woche der Gemeinderat zustimmen. Bis dahin soll auch klar sein, wie mit den bisherigen Anliegerstraßen in West- und Südstadt verfahren wird. Fast alle Fraktionen sehen die geplante Aufhebung dieses Status’ kritisch, weil er eine Verschlechterung für die Anwohner bedeute.

Vorfahrt für die Gerechtigkeit?

Die Verwaltung argumentiert mit dem hohen Kontrollaufwand, den solche Straßen verursachen – und mit Gerechtigkeit: Bewohner von Anliegerstraßen dürften in ihrer Straße und in allen anderen parken. Anrainern einer normalen Straße hingegen stehen die Anliegerstraßen nicht zur Verfügung. Womöglich wäre die nun ausgeklügelte Therapie wenig hilfreich, wenn statt der so genannten Fremdparker die Bewohner der nämlichen Gebiete selbst einen Straßeninfarkt verursachen.