Segeln, rudern, angeln – auf dem Neckar bei der Berger Insel ist einst viel los gewesen. Foto:  

In der neuen Ausstellung im Muse-O in Gablenberg wird gezeigt, wie viel einst am Gaisburger und Berger Neckarufer los war. Heute ist der Fluss dort fast unerreichbar. In der Ausstellung werden mit 200 Abbildungen, vielen Texttafeln und kleinen und großen Schiffsmodellen Neckar-Geschichte und -Geschichten erzählt.

S-Ost - Endlich Wochenende, das Wetter passt, nichts wie raus! An den Ufern des Neckar ist schon viel los. Die Berger Insel ist bevölkert, auf dem Neckar ist viel Verkehr. Ein Segelboot kreuzt zwischen Wilhelma und Cannstatt, die vielen Sportruderer müssen aufpassen, dass ihnen nicht ein Freizeitpaddler mit einem Kahn vom Bootsverleih in die Quere kommt. Dazwischen fahren motorisierte Linienboote der SSB die Ausflügler zu ihren Lieblingszielen von Untertürkheim bis zum heutigen Max-Eyth-See.

Was wie eine Utopie klingt, ist längst Geschichte, zugegebenermaßen etwas aufgehübscht. Anfang des 20. Jahrhunderts war der Neckar tatsächlich Ausflugsziel Nummer eins für viele Stuttgarter. Damals gab es noch die Berger Insel zwischen dem eigentlichen Fluss und dem Mühlkanal in Berg, und der Schwerpunkt der Freizeitaktivitäten lag am Ufer des heutigen Stadtbezirks Stuttgart-Ost, am Berger Ufer gab es sogar einen Bootsverleih. Heute ist das gar nicht mehr vorstellbar, den Mühlkanal und die Insel gibt es längst nicht mehr, vom Stuttgarter Osten aus ist das Neckarufer kaum noch erreichbar.

200 Abbildungen und große Schiffsmodelle

Entdecken kann man diese Neckar-Geschichten in der Ausstellung „Schiff hano. Alles, was auf dem Neckar schwimmt und kein Vogel ist“ im Muse-O in Gablenberg, die bis September gezeigt wird. Dafür hat der Historiker Ulrich Gohl vom Museumsverein Stuttgart-Ost in Archiven gestöbert und mit Sammlern, den Bürgervereinen der Neckarstadtbezirke und Unternehmen wie der Reederei Schwaben Kontakt aufgenommen. Das Ergebnis ist eine zweigeteilte Ausstellung mit rund 200 Abbildungen und Fotografien, Texttafeln und kleinen und großen Schiffsmodellen. In dem einen Ausstellungsraum geht es überwiegend um das Thema Freizeit am und auf dem Neckar, die Exponate im anderen Raum widmen sich der Arbeitswelt Neckar.

Dabei ist das Vergnügen am Fluss eine relativ neuzeitliche Erscheinung. Gohl: „Im 18. Jahrhundert wäre niemand auf die Idee gekommen, einfach nur zum Spaß Boot auf dem Neckar zu fahren. Dafür hatten die Menschen gar nicht die Zeit.“ Als Transportweg spielte der einst reißende Fluss dagegen schon viel länger eine Rolle. Baumstämme wurden per Floß etwa vom 14. Jahrhundert an flussabwärts transportiert. Das letzte Floß passierte Stuttgart und Bad Cannstatt um 1900. Ebenfalls über Jahrhunderte brachten Fähren die Menschen vom einen zum anderen Ufer. Während andernorts und an anderen Flüssen dieses Transportmittel oft aus rein nostalgischen Gründen vereinzelt noch anzutreffen ist, wurden sie in Stuttgart mit den Brückenbauten ersatzlos gestrichen. Die Kiesgewinnung aus dem Neckar mit entsprechenden Arbeitsschiffen spielte ebenfalls lange Zeit eine gewisse Rolle. Von all dem heute übrig geblieben sind die Frachtschifffahrt, die einst mit sogenannten Neckaraaken begann, und der Rudersport.

Die meisten Rudervereine entstanden im Osten

Die ersten Rudervereine entstanden in den 1880er Jahren. Der Sport galt damals als mondän, entsprechend setzte sich die Mitgliederschaft zusammen. Die meisten Stuttgarter Rudervereine sind nach den Recherchen von Ulrich Gohl nicht etwa am Cannstatter Ufer entstanden, sondern auf der anderen Flussseite, im Stuttgarter Osten. Erst später mussten die Vereine auf die andere Seite umziehen.

Verwaist ist heute auch das Gaisburger Ufer. An der Gaisburger Schiffslände herrschte einst reger Verkehr, als das Gaswerk noch viel Kohle brauchte – und die per Schiff gebracht wurde. Heute ist davon kaum noch etwas zu sehen – und das Ufer ist unzugänglich.