An den Zugängen der Rainbrunnenschule in Schorndorf wurden neue Schilder angebracht. Foto: Gottfried Stoppel

Mit der Einrichtung einer „Kiss-and-Go“-Zone sollen Eltern der Schorndorfer Rainbrunnenschule dazu ermutigt werden, ihre Kinder den restlichen Weg zum Schulgebäude allein gehen lassen.

Schorndorf - Vielleicht hätte das grüne Schild doch in knallrot oder neongelb bestellt werden sollen. Vielleicht aber gehört die Mutter, die an diesem Mittwochmorgen ihre Tochter zur Schorndorfer Rainbrunnenschule bringt, zu denen, die selbst mit Warnfarben nicht zu stoppen sind. Auf jeden Fall läuft sie mit ihrer Grundschülerin an der einen und dem Ranzen in der anderen Hand bis auf den Schulhof. Erst dort lässt sie los – tatsächlich und im übertragenen Sinne.

Solche Szenen möchten Schulleitung und Elternbeirat der Gemeinschaftsschule nicht mehr sehen. Deswegen hängen seit Ende der vergangenen Woche an fünf verschiedenen Zugängen zum Schulgelände Schilder mit der Aufschrift „Kiss and go“ sowie dem Satz: „Ab hier schaffen wir es alleine.“ Mit den Schildern sollen Eltern ermutigt werden, ihre Kinder den restlichen Weg bis ins Klassenzimmer alleine laufen zu lassen. „Wir wissen, dass Eltern nur das Beste wollen und dass sie ihre Kinder vor Gefahren schützen möchten“, sagt die Schulleiterin Karola Gross.

Wer gehört zu den Eltern, wer hat nichts an der Schule zu suchen?

Doch für sie und die Lehrkräfte bringt der elterliche Wunsch nach Sicherheit und Schutz selbst gewisse Schwierigkeiten mit der Sicherheit mit sich: „Wir kennen nicht alle Eltern gleich gut und wissen nicht unbedingt, wer hierher gehört und wer nicht“, sagt Karola Gross.

Die Schulleiterin berichtet zudem, dass es pro Klasse ein bis zwei Elternteile gebe, die ihre Zöglinge gar bis ins Klassenzimmer begleiten. An der Rainbrunnenschule gibt es einen offenen Unterrichtsbeginn am Morgen, der eigentlich dazu genutzt wird, dass Lehrer und Schüler schon einmal miteinander ins Gespräch kommen. „Tür-und-Angel-Gespräche mit Eltern behindern uns aber in unserer Arbeit“, sagt Karola Gross – und betont, dass man die Eltern nicht grundsätzlich von der Schule fernhalten wolle: „Wir freuen uns über den Austausch.“

Auch die Elterntaxis sollen reduziert werden

Gleichzeitig will die Rainbrunnenschule mit den Schildern auch den Kindern etwas Gutes tun: „Wir möchten ihr Selbstbewusstsein stärken“, sagt Simona Lindacher. Die Elternbeiratsvorsitzende sieht die Schilder als den ersten Schritt, der beim Fußverkehr ansetzt. Sie hat ein halbes Jahr lang morgens die Eltern angesprochen, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. Davon gibt es relativ viele, „durch unser Ganztagesmodell kommen einige Kinder sogar aus anderen Stadtteilen“, erläutert Karola Gross. Die Situation ist zwar derzeit entspannt, weil gerade einmal ein Viertel der Schülerschaft gleichzeitig da ist – doch das wird sich von kommender Woche an wieder ändern. „Auch bei den Elterntaxis wollen wir verstärkt aktiv werden“, sagt Simona Lindacher.

Elterntaxihaltestellen in Fellbach und Backnang

Morgendliches Chaos durch Eltern, die Gehwege zuparken oder beim Wenden den Schülern gefährlich nahe kommen – das kennen viele Schulen. Es gibt im Rems-Murr-Kreis aber bereits Konzepte, durch welche die Gefährdung minimiert werden konnte. Die Maicklerschule in Fellbach hat gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Kommune zu Schuljahresbeginn eine Elternhaltestelle direkt vor der Türe eingerichtet. Zwischen 7.30 und 9 Uhr können dort Eltern ihre Kinder aus dem Auto aussteigen lassen. Der Versuch funktionierte so gut, dass die Haltestelle dauerhaft eingerichtet wurde. Gleichzeitig wurden die Eltern animiert, die Kinder in größeren Gruppen zur Schule laufen zu lassen.

Eine Elterntaxihaltestelle mit dem Namen „Küss-und-Tschüss“ hat auch an der Plaisirschule in Backnang Abhilfe geschaffen. Seit zwei Jahren gibt es fünf definierte Parkplätze. Dort dürfen Elterntaxis zwischen 7 und 18 Uhr maximal fünf Minuten halten. Eltern würden sich gegenseitig korrigieren, berichtete die Schulleiterin Annedore Bauer-Lachenmaier im Februar. Ein paar Uneinsichtige gebe es zwar immer, doch mit persönlicher Ansprache und Elternbriefen mache man weiter Werbung für Küss-und-Tschüss.