Carlos Santana hat weiterhin viel Spaß beim Spiel. Foto: dpa

Eigentlich nervt es ja, wenn reife Popstars immer nur von alten Erfolgen zehren. Aber auf seiner neuen CD belehrt Carlos Santana alle Nörgler: „IV“ (Santana IV / Alive) zeigt große Klasse

Stuttgart - Die alten Kumpels zusammentrommeln und mit einem Routinealbum die Rente absichern: So läuft der Hase allzu oft, wenn einstige Rock-Ikonen zum Comeback antreten. Die Musik? Nebensache – der große Name wird’s schon richten. Auch die Wiedergeburt der legendärsten aller Santana-Formationen setzt voll auf Nostalgie: „1st time since 1973 – the original Santana“, verkündete ein güldener Sticker auf dem Album und listet in fetten Lettern die Besetzung „Santana Rolie Schon Shrieve Carabello“. Dazu das Cover, das die Löwen-Optik des kultigen 1969er-Debüts zitiert und der Albumtitel (der kurzerhand die 20 weiteren Platten überspringt, die seit „III“ in diversen anderen Besetzungen entstanden): so weit, so gähn.

Aber Achtung: „IV“ geriet, obwohl überraschungsarm, kein bisschen fad, sondern (bis auf das plump karnevaleske „Come as you are“) bestechend brillant. Der cremig-aggressive, funkelnde Klang von Carlos Santanas Paul-Reed-Smith-Gitarre ist auch 2016 so schön wie singulär – zumal er sich mit dem metallischeren Spiel des zweiten Saitenmanns Neil Schon ebenso prächtig ergänzt wie die feurigen Perkussionsounds von Michael Carabello mit den satten Drums von Michael Shrieve. Und Gregg Rolies Hammond B3-Orgel wimmert dazu wie in besten Woodstock-Zeiten. Von Rolie (und Gastvokalist Ronald Isley) soulig-souverän gesungen, groovt dieser Latinbluesrock (etwa in „Anywhere you want to go“) in rassiger „Oye como va“-Manier – und durchweg in einem famosen Dreiklang aus Eleganz, Härte und Gefühl. In den beiden Siebeminütern „Forgiveness“ und „Fillmore East“ etwa erstrahlt der Santana-Stil gar in psychedelischen, fast Pink Floyd’schen Klangfarben.

Santana „IV“ (Santana IV / Alive). Wertung: 4 Sterne