Mit Abstand die beste Kandidatin: Die Ludwigsburger Gemeinderäte wählen Andrea Schwarz zur neuen Bürgermeisterin. OB Knecht überreicht Blumen. Foto: factum/Simon Granville

Ludwigsburg hat mit Andrea Schwarz eine weitere Spitzenkraft. Auf die neue Bürgermeisterin warten große Aufgaben. Wegen der Corona-Krise haben OB Knecht und der Gemeinderat eine Haushaltssperre verhängt. Es droht ein Minus von 36 Millionen Euro.

Ludwigsburg - Andrea Schwarz aus Oberstenfeld ist neue Bürgermeisterin im Ludwigsburger Rathaus. Die 46-jährige Stadtplanerin und Architektin erhielt gleich im ersten Wahlgang mit 28 Stimmen die Mehrheit. Die Freien Wähler wollten die Wahl eines neuen Dezernenten in der 94 000-Einwohner-Stadt wegen der drohenden Finanzkrise per Eilantrag verhindern, scheiterten aber.

Die Wahl war notwendig geworden, nachdem ihre Vorgängerin Gabriele Nießen im Februar nach elf Monaten das Dezernat für Stadtentwicklung, Hochbau und Liegenschaften verlassen hatte, um in Bremen Senatorin zu werden.

Antrag der Freien Wähler wird abgeschmettert

Die Freien Wähler (FW) hatten vergeblich argumentiert, dass die Stadt angesichts der zu erwartenden Finanzlücke in Höhe von 36 Millionen Euro im Zuge der Corona-Krise auch bei den Spitzenverdienern in der Verwaltung sparen müsse. Außerhalb der siebenköpfigen FW-Fraktion fand das Ansinnen, die Wahl zu streichen, jedoch keine Unterstützung.

Die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Margit Liepins, nannte den Antrag „populistisch“. Klaus Herrmann sagte, dass ein so großes Dezernat „eine gute Spitze benötigt“. Der CDU-Fraktionschef wusste sich mit Grünen-Chef Michael Vierling einig, der ebenfalls die „Personalmittel sinnvoll eingesetzt“ sieht.

Oberbürgermeister Matthias Knecht sagte: „Auch von mir gibt es ein klares Nein zu diesem Antrag.“ Angesichts der Probleme wie Wohnungsmangel und Klimawandel bei gleichzeitiger Finanznot sei ein funktionierendes Dezernat wichtig. Jemand mit „einem Blick von außen“ sei gerade in dieser Situation wichtig.

Schwarz will bei Haushaltsberatungen dabei sein

Knecht gratulierte der Wahlsiegerin: „Wir freuen uns sehr, dass Sie an unserer Seite sein werden.“ Corona-gerecht überreichte der Rathauschef den Blumenstrauß mit weit ausgestrecktem Arm. Wahlsiegerin Schwarz kündigte an, bereits bei den anstehenden internen Haushaltsberatungen mit dabei sein zu wollen.

Die dürften wegen der angekündigten Haushaltssperre spannend werden. In der Finanzplanung werden die Führungskräfte im Rathaus in den kommenden Jahren mit harten Bandagen kämpfen. Wobei das Betätigungsfeld von Andrea Schwarz entscheidend für die Entwicklung der Stadt Ludwigsburg ist.

Die Mutter von drei Kindern ist Mitglied der SPD und leitet in Bietigheim-Bissinger Rathaus das Stadtentwicklungsamt. Zwischen 1999 und 2010 vertrat sie ihre Partei in der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart. Als Architektin und Stadtplanerin betritt Schwarz weder fachlich noch geografisch in Ludwigsburg Neuland. In ihrer viertelstündigen Bewerbungsrede ließ sie erkennen, dass sie die Stadt ganz gut kennt. „Ich will die Gastronomie und den Einzelhandel stärken“, sagte sie.

Die Umwelt soll keinen weiteren Schaden nehmen

Damit sendete sie gleichzeitig ein Signal an diejenigen Gemeinderäte, die sich dagegenstemmen, aus dem Arsenal-Parkplatz eine Grünfläche zu machen. Sie wisse, dass „Händler und Gastronomen von ausreichendem Parkraum abhängig sind“. Gleichzeitig will sie „die Innenstadt als Treffpunkt für die Bürger attraktiver machen“. Bauen möchte sie „günstiger und schneller machen“. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Umwelt gehen. Dass der Oberbürgermeister den Wohnungsbau, der in ihr Ressort fällt, „zur Chefsache gemacht hat, finde ich gut“

Laut Knecht gab es 20 Bewerber um die Stelle. Die Qualität der Bewerbungen sei ausgesprochen gut gewesen. Die Vorsitzenden der Fraktionen bestätigten das. Einzelne Ratsmitglieder betonten, dass es ihnen angesichts überzeugender Qualifikationen der drei Kandidaten schwerfalle, sich zu entscheiden. Am Ende fiel ihr Votum eindeutig aus.

Nach Schwarz mit 28 Stimmen kam auf Platz zwei mit neun Ja-Stimmen Eva Noller. Sie ist seit Oktober 2013 Erste Bürgermeisterin in der Stadt Leinfelden-Echterdingen (40 000 Einwohner) im Landkreis Esslingen. Der dritte Kandidat war eigens aus Köln zur Bewerbung angefahren: Timo Munzinger ist dort beim Deutschen Städtetag Referent für Angelegenheiten der Stadtplanung und Städtebaus. Er fand im Gemeinderat allerdings lediglich einen Unterstützer.