Martin (Steve Windolf) sucht ein Geschenk für seinen Sohn. Foto: BR/Oliver Vaccaro

Die ARD-Serie „Bonusfamilie“ erzählt mal wieder von den Schwierigkeiten des modernen Familienlebens. Zwei Liebende bringen Kinder aus vorigen Beziehungen ins gemeinsame Leben mit. Das sorgt für Zündstoff.

Stuttgart - Familie und andere Katastrophen – dieses Konzept funktioniert eigentlich immer. Auch „Bonusfamilie“, die deutsche Adaption einer schwedischen Serienvorlage, nutzt diesen Grundstoff – und eine denkbar einfache Figurenkonstellation. Als sich Lisa (Inez Bjørg David) und Patrick (Lucas Prisor) ineinander verliebt haben und zusammengezogen sind, haben beide „Bonuskinder“ mitgebracht: Ihre zehnjährigen Söhne sind fast auf den Tag genau gleichaltrig; Lisa hat außerdem noch eine Teenagertochter. Die beiden Jungs müssen sich ein Zimmer teilen, sind aber wie Feuer und Wasser, denn Eddie (Fillin Mayer) ist das kleine Pendant seines eher schlicht gestrickten Vaters Martin (Steve Windolf); William (Levis Kachel) dagegen verströmt den Stallgeruch einer englischen Eliteschule.

Auf dieser Basis erzählt Antonia Rothe-Liermann von allerlei Ereignissen, die Regisseurin Isabel Braak ohne erkennbare Dramaturgie aneinandergereiht hat. Selbst wenn die einzelnen Begebenheiten lebensnah sind und in einer reizvollen Mischung aus Komödie und Drama erzählt werden: Es gibt keinen Höhepunkt, auf den die jeweiligen Kapitel zusteuern. Über allem schwebt die Frage, ob es Zweitvater Patrick und Ziehkind Eddie irgendwie schaffen werden, sich zusammenraufen.

Schlange auf Abwegen

Die Serie zerfasert in viele kleine Handlungsstränge, die aber immerhin geschickt miteinander verwoben sind. So scheitert Martin zum Beispiel am Kauf einer Eigentumswohnung, weil er keinen Kredit bekommt und Patrick sein Veto einlegt, als Lisa eine Bürgschaft übernehmen will. Martin rächt sich für die Abfuhr, indem er Eddie zum Trost eine Königsnatter schenkt. Patrick hat jedoch eine ausgeprägte Schlangenphobie, und selbstverständlich verlässt das Tier bereits am ersten Abend unerlaubt sein Terrarium. Der Raum, den die Drehbücher den Ex-Partnern geben, ist der deutlichste Unterschied zum schwedischen Original.

Das alles hat auch Unterhaltungswert, aber sehenswert ist „Bonusfamilie“ in erster Linie wegen der ausnahmslos guten schauspielerischen Leistungen. Gerade Steve Windolf hat einige wunderbare komödiantische Momente; Martins Dialoge mit seinem Arbeitskollegen Sepp (Arnel Taci) sind die witzigsten Wortwechsel der Serie. Auch bei den jungen Darstellern (Louise Sophie Arnold spielt die Tochter) hat Braak vorzügliche Arbeit geleistet.

Auf dem falschen Platz?

Braaks erster Film war die im Rahmen der NDR-Debütreihe „Nordlichter“ ausgestrahlte Komödie „Plötzlich Türke“ (2016), in der ein junger Deutscher eine kafkaeske Ämter-Odyssee erlebt, weil er plötzlich ein Mensch ohne Nationalität ist. Es folgte „Die Bestatterin - Der Tod zahlt alle Schulden“, eine sympathische Heimatkrimikomödie mit Anna Fischer als Bestatterin auf der Schwäbischen Alp (2019). Angesichts dieses mehr als gelungenen bisherigen Wirkens der Regisseurin ist die relativ Kraftlosigkeit von „Bonusfamilie“ erstaunlich. Ungewöhnlich ist auch der Sendeplatz: Das „Erste“ zeigt die von BR, MDR und SWR koproduzierte Serie nicht auf dem eingeführten Seriensendeplatz am Dienstag, sondern in drei Doppelfolgen anstelle des Mittwochsfilms.

Gemessen am Anspruch der Dramen, die die ARD dort sonst meist ausstrahlt, ist „Bonusfamilie“ eher ein Leichtgewicht, das besser auf den von der ARD-Tochter Degeto gestalteten Freitag passen würde.

Ausstrahlung: ARD, Mittwoch, 20. November 2019, 20.15 Uhr