Richard (Ralf Steck, li.) kann nicht verstehen, dass Mutter (Ruth Macke. Mitte), Freund (Oliver Jaksch) und Ehefrau (Alina Rank) sauer sind Foto: Tobias Metz

In Flavia Costes Komödie „Nein zum Geld!“ am Alten Schauspielhaus Stuttgart will einer seinen Lotto-Gewinn nicht abholen – und bekommt richtig Ärger.

Stuttgart - „Ich liebe dich, Mama“, sagt Richard. Vor ein paar Minuten hätte die Frau Mama sich noch gefreut, hätte ihren Jungen geherzt und gedrückt. Jetzt aber ist sie so richtig sauer „Ja und, was hab ich davon?“, fragt sie wütend, „was kann ich mir dafür kaufen?“ Nichts! Für 162 Millionen Euro hätte sie sich dagegen etwas kaufen können. Aber Richard hat zwar im Lotto gewonnen, will das Geld aber nicht. „Uns geht’s so gut“, sagt er, „wir brauchen dieses Geld nicht.“

Kann das wahr sein, dass einer jahrelang Lotto spielt, den Hauptgewinn dann aber nicht abholt aus Sorge, dass das viele Geld Familie und Freunde entzweien könnte? Flavia Coste hat die Idee durchgespielt in ihrer Komödie „Nein zum Geld!“, die das Alte Schauspielhaus in den kommenden Wochen zeigt. Richard hat es ganz richtig vermutet: „Für Geld sind die Leute heute zu allem bereit.“ Als er Ehefrau, Mutter und Freund seinen Entschluss mitteilt, toben, schimpfen, zetern sie. Sie ersinnen immer neue Strategien, schmeicheln Richard, versuchen ihn zu bezirzen, zu bedrängen, zu überzeugen. Er bleibt dabei: „Geld macht nicht glücklich.“

Die Regie übersteigert den Text ins Skurrile

Zugegeben, diese kleine Komödie lebt vor allem von der originellen Idee, während die Dialoge nicht wirklich zünden. Die Argumente, die sich die Figuren gegenseitig um die Ohren hauen, basieren meist auf Gemeinplätzen. Deshalb hat sich die Regisseurin Schirin Khodadadian viel einfallen lassen und hat versucht, ihre Inszenierung ins Schrille und Skurrile zu übersteigern. Philipp Nicolai hat ein interessantes Bühnenbild entwickelt, einen riesigen Raum mit Holzwänden und leeren Regalen, über die die Schauspieler klettern. Sie halten auch immer wieder inne und singen Chansons oder Popsongs rund ums Geld – „I need a dollar“.

Nicht alle Regieeinfälle lassen sich nachvollziehen, und so sorgfältig Schirin Khodadadian auch jede Bewegung einstudiert hat, braucht der Abend lang, um in Fahrt zu kommen, weil die kontrollierten Posen den Blick auf die Charaktere eher verstellen. Erst allmählich wird deutlich, dass dieser Richard ein lebensuntüchtiger Idealist ist, der auf Kosten der anderen lebt und große Reden schwingen kann, weil sie ihn durchfüttern. So kann man seiner Frau Claire (Alina Rank), der Mutter (Ruth Macke) und dem Freund (Oliver Jaksch) kaum verübeln, dass sie vom großen Gewinn etwas abhaben wollen - wie vermutlich die meisten von uns in dieser Situation. Da helfen auch nicht die Argumente, die Flavia Coste ihrem Sprachrohr Richard in den Mund legt: „Hat man das Geld erst mal genommen, kann man nicht mehr nachdenken.“

Der Hauptdarsteller überzeugt – trotz Rollstuhl

Ralf Stech hat sich kurz vor der Premiere verletzt, aber auch wenn er seinen Richard im Rollstuhl spielen muss, bewältigt er die Rolle bestens. Das Team ist mit viel Einsatz bei der Sache und überzeugt gerade auch bei den musikalischen Einlagen. Das Ergebnis ist ein kurzweiliger Abend, aber nicht die große, schmissige Komödie, die die Beteiligten hier unübersehbar im Sinn hatten.