Der Nebenklagevertreter Matthias Rätzlaff ist enttäuscht, dass der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision gegen das Urteil gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker als unbegründet verworfen hat. Rätzlaff fordert weitere Ermittlungsverfahren gegen Ex-RAF-Terroristen. Foto: dpa

Das frühere RAF-Mitglied Verena Becker muss wegen des Buback-Mordes wohl nicht mehr ins Gefängnis. Der Bundesanwalt prüft eine Bewährungsstrafe. Der Nebenklagevertreter Rätzlaff ist enttäuscht. Er fordert weitere Ermittlungsverfahren.

Das frühere RAF-Mitglied Verena Becker muss wegen des Buback-Mordes wohl nicht mehr ins Gefängnis. Der Bundesanwalt prüft eine Bewährungsstrafe. Der Nebenklagevertreter Rätzlaff ist enttäuscht. Er fordert weitere Ermittlungsverfahren.

Karlsruhe/Stuttgart - Das Urteil gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker wegen Beihilfe zum Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe habe die Revisionen der Angeklagten und der Nebenkläger als unbegründet verworfen, teilte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart mit. Die Nachprüfung des Urteils habe keinen Rechtsfehler ergeben.

Das OLG hatte Becker im Juli 2012 wegen Beihilfe zu dem Attentat auf Generalbundesanwalt Buback im Jahr 1977 zu vier Jahren Haft verurteilt, ihr allerdings wegen einer früheren Verurteilung zweieinhalb Jahre als bereits verbüßt angerechnet.

Die 61-jährige Becker, die in Berlin lebt, befindet sich derzeit auf freiem Fuß und wird es trotz der verworfenen Revision voraussichtlich auch bleiben: Weil sie bei Berücksichtigung der anzurechnenden zweieinhalb Jahre und ihrer viermonatigen Untersuchungshaft bereits mehr als zwei Drittel der vierjährigen Haftstrafe verbüßt hat, könnte die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist eine positive Prognose für Becker. Die Argumente, die dafür sprechen, wie etwa ihre Abwendung von der RAF, hatte das OLG in seiner Urteilsbegründung dargelegt.

Fehler bei Beweiswürdigung und Behandlung von Beweisanträgen gerügt

Er befürchte, dass die Reststrafe Beckers zur Bewährung ausgesetzt werde, sagte Nebenklagevertreter Matthias Rätzlaff unserer Zeitung. Er vertritt den Bruder des Ermordeten, und ist der Ansicht, Becker hätte als Mittäterin verurteilt werden müssen. Rätzlaff sagte, er sei enttäuscht, dass die Karlsruher Bundesrichter die Revision als unbegründet verworfen haben. „Ich habe diese Entscheidung befürchtet. Aber ich muss das so hinnehmen, wir haben alle uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft und haben keine weitere Handhabe.“

Die Verteidiger der ehemaligen Terroristin hatten beim BGH Fehler bei der Beweiswürdigung und der Behandlung von Beweisanträgen gerügt. Beckers Anwalt Walter Venedey war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht erreichbar. Die Bundesanwaltschaft hatte die Verwerfung beider Revisionen beantragt.

Juristisch ist nun wieder die Bundesanwaltschaft als Strafvollstreckungsbehörde am Zug. Sie muss prüfen, ob die ehemalige RAF-Terroristin noch einmal in Haft muss. „Wir werden jetzt prüfen, ob die noch verbleibende Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann“, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft.

Nebenklagevertreter will nicht locker lassen

Während die Akte Becker damit geschlossen wird, bleibt der Anschlag auf Buback weiter ungeklärt. Trotz der sehr umfangreichen Beweisaufnahme des OLG an 96 Verhandlungstagen und mit 165 Zeugen sowie acht Sachverständigen, ist bis heute nicht klar, wer die beiden Attentäter auf dem Motorrad waren, von dem aus der Generalbundesanwalt und seine beiden Begleiter am 7. April 1977 erschossen wurden. Gegen den Ex-Terroristen Stefan Wisniewski als möglichen Mittäter wird noch ermittelt.

Rätzlaff will daher nicht locker lassen. „Ich werde mit Sicherheit bei der Bundesanwaltschaft anfragen, was mit denjenigen RAF-Mitgliedern passiert, die bei den Gesamttreffen der Rote Armee Fraktion (RAF) im Harz und in Holland, auf denen das Attentat gegen Generalbundesanwalt Buback beschlossen wurde.“ In seinem Urteil begründete der Senat des OLG Stuttgart Beckers Beihilfe unter anderem damit, dass sie sich bei einem Treffen der RAF-Mitglieder in Holland zum Jahreswechsel 1976/1977 massiv für den Anschlag auf Buback eingesetzt habe.

„Bei diesen Treffen mussten sich alle einstimmig dafür entscheiden, dass es zu dem Attentat kommt“, erklärt Rätzlaff. „Wenn dieses vehemente Einsetzen und Unterstützen ein Beihilfeaspekt ist, wie es jetzt vom BGH bestätigt wurde, muss man fragen was mit Ermittlungsverfahren ist, gegen diejenigen, die im Zusammenhang mit dem Buback-Mord noch nicht angeklagt wurden, aber bei diesen Treffen dabei waren.“ Nur so könne der Mord an Generalbundesanwalt Buback womöglich noch aufgeklärt werden.