Noch im November wurde Cornelius Gurlitt im Spiegel mit den Worten "Freiwillig gebe ich nichts zurück" zitiert. Nun scheint der Kunstsammler seine Meinung geändert zu haben. Foto: dpa

Die Erforschung des Schwabinger Kunstfundes kommt voran. Die Experten melden Fortschritte bei der Suche nach NS-Raubkunst aus der Sammlung Gurlitt. Und auch von dem Kunstsammler selbst ist Überraschendes zu hören: Laut Anwalt sperrt er sich nicht mehr gegen Rückgaben.

Die Erforschung des Schwabinger Kunstfundes kommt voran. Die Experten melden Fortschritte bei der Suche nach NS-Raubkunst aus der Sammlung Gurlitt. Und auch von dem Kunstsammler selbst ist Überraschendes zu hören: Laut Anwalt sperrt er sich nicht mehr gegen Rückgaben.

München/Berlin - Der Münchner Kunstsammler Cornelius Gurlitt erwägt nach Angaben seines Anwalts die Rückgabe von Bildern aus seiner Sammlung. „Er ist gewillt, sich die Raubkunst-Klagen genau anzuschauen und faire und gerechte Lösungen auszuhandeln“, sagte der Münchner Rechtsanwalt Hannes Hartung am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Das Magazin „Der Spiegel“ hatte Gurlitt im November mit den Worten zitiert: „Freiwillig gebe ich nichts zurück.“

Inzwischen habe die Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ ihm eine Aufstellung mit Werken zukommen lassen, zu denen es Anfragen von Erben gebe, sagte Hartung. „Es sind aber nur wenige Anfragen mit konkreten Forderungen, die echte Raubkunst beinhalten.“ Derzeit würden außerdem mit den Behörden Verhandlungen über die Rückgabe von Bildern geführt, die Gurlitt zweifelsfrei gehören. „Die Übergabe regeln wir derzeit. Man muss die Bilder schließlich an einen zugänglichen und zugleich sicheren Ort bringen, man kann ihm die Sammlung nicht einfach vor die Tür stellen.“

458 Objekte als mögliche NS-Raubkunst eingestuft

Nach Angaben der Taskforce in Berlin wurden bislang 458 Objekte als mögliche NS-Raubkunst identifiziert. Die Gemälde, Zeichnungen und Grafiken seien auf der Internet-Seite www.lostart.de veröffentlicht worden, teilte die Taskforce am Dienstag in Berlin mit. Damit solle die Provenienz der Werke mit Hilfe der Öffentlichkeit geklärt werden. Eine erste Sichtung der Werke sei abgeschlossen. Für viele Bilder gebe es keinerlei Anfragen, sagte Gurlitts Anwalt Hartung. Sie seien „pauschal unter Raubkunst-Verdacht gestellt“ worden.

Die Arbeitsgruppe unter Leitung der früheren Kulturpolitikerin Ingeborg Berggreen-Merkel ist nun komplett. Ihr gehören unter anderem der Leiter der Berliner Arbeitsstelle für Provenienzforschung, Uwe Hartmann, und die Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der Freien Universität Berlin, Meike Hoffmann, an.

Weitere Mitglieder sind unter anderem Michael Franz, Leiter der Magdeburger Koordinierungsstelle für Kulturverluste, Magnus Brechtken vom Münchner Institut für Zeitgeschichte, die Provenienzforscher Sophie Lillie (Wien), Jane Milosch (Smithsonian Institution, Washington), Thierry Bajou vom französischen Kulturministerium sowie Yehudit Schendar von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und Shlomit Steinberg vom Israel Museum.

Die von der Bundesregierung und Bayern eingesetzte Arbeitsgruppe soll die Staatsanwaltschaft Augsburg bei der Recherche nach der Herkunft der Kunstwerke unterstützen, die in Gurlitts Wohnung entdeckt wurden. Ermittler hatten die verschollen geglaubte Sammlung seines Vaters Hildebrand Gurlitt beschlagnahmt, der einer von Hitlers Kunsthändlern war. Darunter sind Werke von Picasso, Chagall, Matisse, Beckmann und Nolde. Erst im vergangenen Herbst war der spektakuläre Fund mit weit mehr als 1000 Werken publik geworden.