Derzeit stehen damit mehr als 1600 Arten – darunter der seltene Weißkopfadler, das Symboltier der USA – in den Vereinigten Staaten und in deren Territorien unter besonderem Schutz. Foto: dpa/

Der wirtschaftliche Preis für die Rettung einer Tier- oder Pflanzenart soll nach dem Willen der Trump-Regierung bald eine Rolle beim Artenschutz spielen. Kritiker warnen vor einer Änderung des Gesetzes, das etwa den Weißkopfseeadler schützt.

Washington - Die US-Regierung hat Regeln zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten gelockert. Den Schritt gab Innenminister David Bernhardt am Montag bekannt. Washington begründet die Lockerung damit, dass regulierende Beschränkungen so verringert würden, zugunsten von Transparenz und Wirkung. Kritiker befürchten, dass einige Arten in Flora und Fauna damit weiter an den Rand des Aussterbens gedrängt werden.

Konkret erlaubt die Änderung den Bundesbehörden erstmals, die wirtschaftlichen Kosten für den Schutz einer speziellen Art zu berücksichtigen. Der Pauschalschutz für zuletzt als bedroht eingestufte Tiere wird aufgehoben.

Aufweichung des Naturschutzes

Das nun geänderte Gesetz, der sogenannte Endangered Species Act, gilt unter Experten als wichtige Hilfe zur Rettung des Weißkopfseeadlers, des Kalifornischen Kondors und anderer Tiere und Pflanzen. US-Präsident Richard Nixon unterzeichnete es 1973. Derzeit stehen damit mehr als 1600 Arten in den Vereinigten Staaten und in deren Territorien unter Schutz.

US-Bundesstaaten wollen gegen Trump-Regierung klagen

Die Änderungen an dem Gesetz sind von Naturschützern bereits vorab kritisiert worden. Sie beklagen, die Veränderungen ließen die Auswirkungen des Klimawandels außen vor. Mindestens zehn Generalstaatsanwälte schlossen sich der Kritik gegen einen früheren Entwurf an. Die US-Staaten Kalifornien und Massachusetts kündigten Klagen an.

Innenminister Bernhardt zeigte sich jedoch überzeugt von den Änderungen. Die beste Art, das Gesetz bestehen zu lassen, sei, sicherzustellen, dass es wirksam die Erholung der seltensten Spezien erreiche. Mehr Ressourcen sollten dorthin fließen, wo sie am meisten Gutes täten.

Die Berechnung wirtschaftlicher Kosten als Faktor bei der Entscheidung über den Schutz einer Art, ist vom US-Kongress eigentlich unterbunden worden. Das Verbot sollte sicherstellen, dass etwa die Holzindustrie nicht aus wirtschaftlichen Gründen einen Schutz für ein Tier zurückfahren darf, das im Wald lebt.

Mensch verantwortlich für Lebensraumverlust

Laut einer jetzt veröffentlichten Studie der Natur- und Umweltschutzorganisationen WWF (World Wide Fund For Nature) sind die weltweiten Bestände der in Wäldern lebenden Tiere in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen.

Zwischen 1970 und 2014 schrumpften die 455 untersuchten Populationen um durchschnittlich 53 Prozent, teilte die Umweltstiftung WWF am Dienstag unter Berufung auf eine eigene Analyse mit. Besonders betroffen seien die Tropen und der Amazonas-Regenwald. Als Hauptgrund für die Entwicklung wird „durch Menschen verursachter Lebensraumverlust“ genannt.

„Unter dem Blätterdach“ herrscht Stille

Im Bericht „Below the canopy“ (auf deutsch: „Unter dem Blätterdach“) ist auch von „leeren Wäldern“ in manchen Regionen die Rede: Wälder, die auf den ersten Blick intakt erscheinen, in denen aber kaum noch Tiere lebten.

Der WWF forderte die Staatengemeinschaft auf, «den planetaren Wald-Notstand zu erklären». Zudem müssten umfassende Vereinbarungen gegen den Verlust der Biodiversität, für den Kampf gegen die Klimaerwärmung und für nachhaltiges Wirtschaften getroffen werden. „Wenn wir den weltweiten Rückgang der biologischen Vielfalt umkehren und die Klimakrise verhindern wollen, müssen wir die Wälder und die dort lebenden Arten schützen“, erklärt Susanne Winter vom WWF mit.

Waldzustand und Klima hängen zusammen, weil Wälder riesige Kohlenstoffspeicher sind. Tiere übernehmen dabei wichtige Funktionen. Insbesondere in riesigen Wäldern Südamerikas und Afrikas würde mit einem Verlust bei großen Vögeln und Primaten auch ein Rückgang des dort gebundenen Kohlenstoffs einhergehen, heißt es im Report. Viele für den Klimaschutz wichtige Baumarten seien schließlich darauf angewiesen, dass ihre Samen von Tieren verbreitet werden.

Dramatischer Verlust an Artenvielfalt

In der Analyse werden auch Beispiele genannt, in denen sich Arten bereits wieder erholen konnten. Bei Gorillas in Zentral- und Ostafrika zum Beispiel wird von einem Wiederanstieg der Zahl ausgegangen: auf rund 1000 Exemplare. Dazu hätten Maßnahmen wie eine enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung, Patrouillen gegen Wilderer und regulierter Öko-Tourismus beigetragen.

Insgesamt flossen in den Report Daten von 268 Wirbeltierarten ein, die in Wäldern leben oder komplett von ihnen abhängig sind: Vögel, Säugetiere, Amphibien und Reptilien. An der Arbeit waren das UN-Weltüberwachungszentrum für Naturschutz und die Zoologische Gesellschaft London beteiligt.

Frühere, noch umfassendere WWF-Untersuchungen zu Beständen von Wirbeltierarten generell zeigten ebenfalls eine dramatische Entwicklung: Laut dem „Living Planet Report“ von 2018 schrumpften die untersuchten 16 700 Populationen um im Schnitt 60 Prozent zwischen 1970 und 2014. Als Beispiele besonders betroffener Arten wurden der Irawadi-Delfin, die Feldlerche, das Rebhuhn und der Stör genannt.

Bestände großer Süßwasser-Tiere schrumpfen um 90 Prozent

Vor wenigen Tagen veröffentlichten Berliner Forscher eine Studie zur Entwicklung großer Süßwassertiere, die noch massivere Verluste aufzeigte: Bei Arten mit einem Gewicht von mehr als 30 Kilogramm seien die weltweiten Populationen von 1970 bis 2012 um 88 Prozent zurückgegangen, hieß es. Dazu zählten etwa Flussdelfine, Biber, Krokodile, Riesenschildkröten und Störe.

Seit 1970 sanken diese Bestände im Schnitt um mehr als die Hälfte, wie aus einer Studie der Umweltschutzorganisation WWF hervorgeht. Besonders betroffen sind demnach Amphibien wie Frösche, aber auch Säugetiere wie Affen oder Waldelefanten. 

Abholzung und Landwirtschaft als Ursachen des Tiersterbens

Hauptursachen dafür, dass immer weniger Tiere in den Wäldern leben, sind laut WWF die Abholzung und die Nutzung von Wäldern für die Landwirtschaft.

„Der Rückgang der Artenvielfalt in den Wäldern der Welt ist erschreckend und ein deutliches Alarmzeichen“, sagt Christoph Heinrich, der im WWF-Vorstand für den Naturschutz zuständig ist, dem Redaktionsnetzwerk.

Für die Studie untersuchte der WWF  die Daten von 268 Wirbeltierarten und 455 Tierpopulationen. Die Organisation will die Untersuchung am Dienstag vorstellen.     

US-Regierung lockert Schutzvorschriften für bedrohte Arten