Seltener Foto-Fang: Ein Eisvogel mit Beute im Schnabel Foto: Archiv/Ellen Rössle

Eine Podiumsdiskussion mit Thekla Walker markiert das Finale der BUND-Ausstellung „Verbundene Landschaft – Lebendige Vielfalt“ im Sindelfinger Rathaus. Dabei kamen auch Konflikte zwischen Landwirtschaft und Politik zur Sprache.

Sindelfingen - Die Wanderausstellung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) „Verbundene Landschaft – Lebendige Vielfalt“ stand Besucherinnen und Besuchern in der Eingangshalle des Rathauses Sindelfingen seit 28. September 2021 zur Verfügung. Elf Schautafeln informierten darüber, was zu tun ist, um unsere gefährdete Artenvielfalt wieder zu stärken. Abschluss der Ausstellung war am vergangenen Freitag eine zweistündige Podiumsdiskussion im Rathausfoyer. Unter der Moderation von SWR-Studioleiter Axel Graser diskutierten die Umweltministerin und Wahlkreis-Abgeordnete Thekla Walker (Grüne) und die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch als Vertreterinnen des Landes Baden-Württemberg sowie Martin Wuttke, Dezernent für Umwelt und Klima im Landratsamt Böblingen und der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Böblingen, Daniel Dengler. Sie stellten sich den Fragen der rund 60 Gäste.

Ein Viertel weniger Nachtfalter

Ganz aktuell brachte Thekla Walker die Ergebnisse des letzten Insekten-Monitorings mit. Demzufolge haben sich speziell die Nachtfalter im Land bereits um ein Viertel reduziert. Dies zeige, wie wichtig das Thema Artenschutz sei. Ein landesweiter Biotopverbund soll die isolierten Lagen der Tier- und Pflanzenwelt vernetzen, deren Lebensräume verbinden und das Artensterben eindämmen. Bis zum Jahr 2030 sollen 15 Prozent der unbebauten Fläche Baden-Württembergs als Biotopverbundfläche angelegt sein. „Das Land gibt mit Monitoring-Ergebnissen, Listen und Vorlagen den Akteuren die Werkzeuge an die Hand. Ein Großteil unterschreibt die Wichtigkeit, aber wenn es um Details, wie beispielsweise das Pestizidverbot geht, gibt es Schwierigkeiten“, sagte die Umweltministerin.

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Als Vertreter der Landwirtschaft sieht Daniel Dengler die geplante Fläche von 15 Prozent als zu viel an. 60 000 Hektar Land hätte Baden-Württemberg, davon würden 22 000 landwirtschaftlich genutzt. Diese unterteilten sich zu je einem Drittel in Ackerbau, Forst sowie Wiesen und Grünflächen. Der Rest sei Flächenfraß durch Bebauung. Sein Vorschlag: „Es muss eine Verzahnung der Maßnahmen erfolgen und in Naturschutzbereiche umgewandelte Ackerflächen sollten weiterhin landwirtschaftlich nutzbar sein.“ Sonst werde den Landwirten die Einkommensmöglichkeit genommen. Man sei gleichzeitig Konkurrent und Verbündeter.

Walker: „Ohne Landwirtschaft geht es nicht“

Auch Walker sah das so: „Ohne Landwirtschaft geht es nicht. Es gibt kein entweder oder, es gibt nur sowohl als auch. Die Flächenbewirtschaftung muss zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Je mehr Bio-Anbau, umso näher kommen sich Landwirtschaft und Naturschutz.“ Allerdings appellierte sie auch an die Verbraucher, die einfach bereit sein müssten, für Lebensmittel etwas mehr zu bezahlen.

Auch für die BUND-Vorsitzende Pilarsky-Grosch ist die Umsetzung ohne die Agrarwirtschaft nicht realisierbar. „Wir kämpfen alle um das gleiche Stückchen Erde“, brachte sie es auf den Punkt und erläuterte die für sie grundsätzliche Schieflage. „Heute wird eine Straße gebaut und dann wird das naturseitig ausgeglichen. Vielleicht sollte künftig zunächst die Frage gestellt werden, ob wir die geplante Straße tatsächlich brauchen.“ Der Biotopverbund sei zwingend nötig, weil sonst nichts mehr übrig bliebe von der zerstückelten Landschaft. Deutlich würde dies beim Schutz der Streuobstwiesen.

Streuobstwiesen in Gefahr

Erster Landesbeamter Martin Wuttke konnte dazu von seinen Gesprächen mit Streuobstwiesenbesitzern berichten: „Die Besitzer sagen mir direkt, wenn ihr Pestizide verbietet, wird es für uns schwer, dann bewirtschaften wir die Wiesen nicht mehr.“ Das wurde aus dem Publikum bestätigt. Die Älteren hingen mit Herzblut an der Bewirtschaftung, doch wenn die Pflege immer schwieriger würde, machten die Jungen nicht damit weiter. Erleichtern oder besser bezahlen, so ein Vorstoß aus dem Publikum. Die Antwort darauf hatte die Umweltministerin Walker: „Eventuell kann man eine Regel finden, denn es ist sehr viel Geld da, es muss nur richtig eingesetzt werden.“