Der Schein trügt: Der Dürrlewangwald wirkt zwar üppig grün. Doch die Bäume leiden unter der Hitze und der Trockenheit. Foto: Caroline Holowiecki

Klimawandel hier, Parasitenbefall dort: Etliche Bäume in Stuttgart darben. Wie reagiert die Stadt, und wie wird sich der Wald in den kommenden Jahren zwangsläufig verändern? Das Beispiel Dürrlewangwald in Stuttgart.

Dürrlewang - Der Laie sieht: üppig und grün. Wenn Fabian Schulmeyer und Sebastian Pizur durch den Stuttgarter Wald gehen, sehen sie allerdings etwas anders. Sie sehen braune Triebe, dürre Zweige und schüttere Kronen. Und sie sehen dies mit Sorge. „Der Wald ist gestresst“, sagt Fabian Schulmeyer, der beim städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt die Dienststelle Stadtwald und Untere Forstbehörde leitet. Der Grund: der Klimawandel. Auf den 2700 Hektar, die der Stadtwald misst – 5000 Hektar umgeben die Landeshauptstadt insgesamt –, seien die Folgen der Erwärmung klar abzulesen. Es sei zu trocken, und die hiesigen Bäume könnten das nicht gut ab.

„Die Buche beispielsweise ist eine Baumart, die mit einem Sommer wie letztes Jahr schlecht zurechtkommt“, sagte er am Dienstag bei einer Waldbegehung mit den örtlichen Bezirksbeiräten im Dürrlewangwald. Im Gebiet, das südlich des Stadtteils auf Vaihinger und Möhringer Gemarkung liegt, erklärte er gemeinsam mit Sebastian Pizur, dem Revierleiter Forstrevier Filder, exemplarisch, welche Bäume welche Probleme haben.

Die Eiche wird zur wichtigsten Baumart

Verlierer in Stuttgart ist die Fichte. Der Nadelbaum ist ein sogenannter Flachwurzler, streckt seine Wurzeln also nicht tief ins Erdreich aus. Die Fichte habe hierzulande keine Zukunft, stellte Fabian Schulmeyer klar. Der Bestand habe bereits von ursprünglich vier auf zweieinhalb bis drei Prozent abgenommen – Trockenheit und Käferbefall sei Dank. Denn durch den Wassermangel komme die Fichte in Stress, und in der Folge könne sie sich schlechter gegen Angriffe von Borkenkäfern wehren. Auch die Rotbuche, also knapp jeder vierte Baum in Stuttgart, sei wegen der Hitze akut unter Druck. Einigermaßen robust sei indes die Eiche, „mit 32 Prozent unsere wichtigste Baumart“.

Das Baumproblem ist keine Stuttgarter Spezialität. Die Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat bereits vergangene Woche ihre Beunruhigung über die Folgen des Klimawandels ausgedrückt. „Einen vergleichbaren Waldverlust hat es in der Vergangenheit kaum gegeben“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und sprach von einem „Sterben“. Entgegensteuern kann die Stadt Stuttgart laut Fabian Schulmeyer nur durch eine gute Mischung und eine gesunde Verjüngung. Das heißt auch: Junge Bäume früh entnehmen, wenn klar ist, dass sie keine Chance haben.

Kranke Bäume sind eine Gefahr für Fußgänger

Die Krux: Die Esche, die höhere Temperaturen einigermaßen gut vertragen könne, hat ein anderes großes Problem: Seit etwa zehn, 15 Jahren wird die Baumart deutschlandweit durch einen Pilz bedroht, der das Eschentriebsterben verursacht. In der Konsequenz dörrt der Baum von oben her regelrecht aus, teilweise gammelt der Pilz auch den Stamm unten weg – so dass der labile Baum zur Gefahr für Fußgänger wird. Speziell im Dürrlewangwald ist die Esche mit 28 Prozent sogar die Hauptbaumart, sagte Sebastian Pizur. Unter anderem wegen des Waldkindergartens müssten daher regelmäßig kranke Eschen entfernt werden. Im kommenden Winter steht nach sechs Jahren Pause wieder ein größerer Einschlag an, kündigten die Experten an. 925 Festmeter werden vor allem aus dem Gebiet Richtung Autobahn rausgeholt – mehr als die Hälfte kaputte Eschen. Fabian Schulmeyers Prognose: „Die nächsten zehn Jahre wird hier sehr vieles anders sein.“