Jonathan Tah hat nach den Ligaspielen noch einiges vor. Der Abwehrspieler muss gleich in zwei Auswahlmannschaften anpacken. Foto: dpa

Sie sind gleich zweimal gefordert: Jonathan Tah von Bayer Leverkusen und Lukas Klostermann von RB Leipzig. Erst müssen die Abwehrspieler in der A-Nationalmannschaft ran, dann in der U 21 bei der EM.

Venlo - Wenn Jonathan Tah (23) und Lukas Klostermann (23) in diesen Tagen den Begriff Sommerpause hören, dann können sie wahrscheinlich nur müde lächeln. In der Zeit, in der die meisten ihrer Vereinskollegen fröhlich Bilder von irgendwelchen Stränden ins weltweite Netz stellen, gehen die beiden Nationalspieler ihrem Job noch immer auf dem grünen Rasen nach.

Und das gleich doppelt.

Tah von Bayer Leverkusen und Klostermann von RB Leipzig, das sind gerade so etwas wie die Doppelspezialisten des DFB. Sie sind ein Fall für zwei – für zwei Teams. Denn die beiden Abwehrmänner sind sowohl fester Bestandteil des A-Nationalteams, mit dem sie sich gerade in Venlo auf die beiden EM-Qualifikationsspiele in Weißrussland am Samstag (20.45 Uhr) und gegen Estland (11. Juni) vorbereiten. Und sie sind gleichzeitig auch immer noch U-21-Nationalspieler.

Auch Timo Baumgartl ist fest eingeplant

Und so kommt es, dass Tah und Klostermann nach der Partie gegen Estland am Dienstag nicht wie alle Teamkollegen der A-Nationalelf den Urlaub antreten, sondern direkt weiter reisen ins U-21-Quartier in Fagagna nahe Udine. Denn dort steigt am 17. Juni ein nicht ganz unwichtiges Spiel – die deutsche U 21 startet als Titelverteidiger in die EM in Italien gegen Dänemark. Mit dem Kapitän, der Jonathan Tah heißt. Und mit einem ebenfalls fest eingeplanten Außenverteidiger namens Lukas Klostermann.

Kurzum: die beiden haben ein straffes Programm nach der eigentlichen Saison. Weil sie einerseits schon länger ein fester Bestandteil im Kader des Bundestrainers sind. Andererseits aber sind sie auch bei U-21-Coach Stefan Kuntz – wie übrigens der Abwehrkollege Timo Baumgartl vom VfB Stuttgart – fest eingeplant für die Europameisterschaft. Tah und Klostermann bewegen sich zwischen den Welten – im Gegensatz zu einigen anderen Altersgenossen wie Leroy Sané, Timo Werner, Thilo Kehrer, Julian Brandt oder Kai Havertz. Sie wären allesamt noch in der U 21 spielberechtigt, haben sich aber längst dauerhaft in der A-Elf festgespielt.

Tah und Klostermann dagegen arbeiten noch am endgültigen Durchbruch unter dem Bundestrainer Joachim Löw – weshalb sie die Doppelstrapazen gerne in Kauf nehmen. „Ich bin überhaupt nicht zerrissen, ich bin zu 100 Prozent hier bei der A-Nationalmannschaft“, sagte Tah unlängst in Venlo und betonte brav: „Ich bin jetzt hier und freue mich zugleich auf die Europameisterschaft mit der U 21. Ich möchte dort den Titel verteidigen.“

Klostermanns Sprinterqualitäten

Die integre Haltung des Innenverteidigers überrascht nicht – denn er weiß um seine Chance ganz oben unter Joachim Löw. Die beiden Weltmeister Mats Hummels und Jerome Boateng sind nicht mehr dabei, die Lücke schließen sollen Kandidaten wie der gesetzte Niklas Süle, Niklas Stark, Matthias Ginter – oder eben Tah, der ein echter Schrank ist (Körpergröße 1,95 Meter, Gewicht 90 Kilogramm) und mit seiner Zweikampfstärke, aber auch durch sein kluges, ruhiges Aufbauspiel besticht. Zudem loben alle, die ihn näher kennen, den reifen Charakter. Aus dem aktuellen U-21-Kapitän Tah, so ist es aus DFB-Kreisen zu hören, könnte mittelfristig auch in der A-Nationalmannschaft ein Führungsspieler werden.

Auch Lukas Klostermann hat auf der traditionell eher dünn besetzten Außenverteidigerposition gute Perspektiven unter Joachim Löw, er gibt nun wie Tah den Marathonmann im Sommer, wobei das im Falle des Leipzigers nicht so ganz zutrifft. Denn Klostermann ist eher der Typ Sprinter – und mehr noch: Er war sogar mal einer. Denn fast wäre aus Klostermann ein Leichtathlet geworden. Von 2006 bis 2009 etwa nahm er beim bundesweiten Wettbewerb „Deutschland sucht den Supersprinter“ teil – und gewann das Finale vier Mal. Das wurde immer über 50 Meter im Rahmen des großen Leichtathletikmeetings Istaf vor bis zu 70 000 Zuschauern in Berlin ausgetragen. Dann aber trieb Klostermann lieber seine Fußballkarriere im Sauseschritt voran – warum, das erklärte er mal recht plastisch so: „Weil ein Sieg über 90 Minuten viel geiler ist als ein Erfolg nach elf Sekunden.“

Jetzt plant Lukas Klostermann wie sein Abwehrkollege Jonathan Tah den Triumph in der Verlängerung – die in diesem Falle U-21-EM heißt.