Die Vogelsangbrücke über Bahn und Neckar stammt aus den 1960er Jahren. Foto: Horst Rudel

Ein neuer Name für eine Brücke und einen Platz? Das finden viele Bürger ziemlich überflüssig.

Esslingen - Die Facebook-Kommentare der vergangenen Tage waren eindeutig. „Habt ihr nichts Besseres zu tun?“ Mit diesem Tenor machten sich etliche Esslinger Luft, als es mal wieder in Esslingen um die Umbenennung von Straßen ging. „Natürlich haben wir Besseres zu tun“, konterte der Stadtrat Klaus Hummel (SPD) die Kommentare im Internet, „und das tun wir auch“. Das sagte er vor allem im Hinblick auf die Gemeinderatssitzung am kommenden Montag, wo vom Zwiebelfest bis zur Schulentwicklung etliche bedeutende Themen erörtert werden. Allerdings müsse man sich auch um die Straßennamen kümmern, die ebenfalls in dieser Gemeinderatssitzung auf der Tagesordnung stehen werden.

In einem gemeinsamen Antrag haben die CDU, die Grünen und die SPD in Esslingen vorgeschlagen, die Südtangente in Bertha-Benz Straße umzubenennen, einen Weg am Ebershaldenfriedhof der ersten Esslinger Theaterdirektorin Mathilde Erfurth zu widmen und den Bahnhofsplatz in Europaplatz umzutaufen, sowie die Vogelsangbrücke in Vienne-Brücke.

Die Fraktionen wollen symbolhafte Namen

„Ein symbolhafter Name“, findet Edward-Errol Jaffke (CDU), „der gerade zu einer Brücke passt“. Esslingens Partnerstadt Vienne im Departement Isère, gelegen am östlichen Ufer der Rhone, ist ebenso wie Esslingen eine uralte Stadt. Als eine der ersten Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich haben sich die beiden Kommunen im Jahr 1959 verschwistert. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Partnerschaft sei die Umbenennung der Vogelsangbrücke in Vienne-Brücke ein schönes Zeichen. Zumal die Vienner einen großen Landesteg in der Rhone nach ihrer Schwesterstadt benannt hätten. Außerdem seien keine Anwohner betroffen, die etwa ihre Adressen ändern müssten. Zu Vienne bestehe eine lebendige Partnerschaft auf sportlicher, politischer und kultureller Ebene, berichtet der Rathaus-Sprecher Roland Karpentier.

„Ein symbolhafter Name“, sagt auch Klaus Hummel, dessen SPD-Fraktion sich für den Europaplatz eingesetzt hatte. Außerdem schlug die Fraktion vor, am Fahnenmast vor dem Neuen Rathaus auch die europäischen Sterne flattern zu lassen. Den Namen „Europaplatz“ sieht er gerechtfertigt, um Esslingens Weltoffenheit zu zeigen. Schließlich steigen hier die Bürger bis zu 50 000 Mal täglich um, um zur Arbeit oder nach Hause zu gelangen.

Die Grünen hatten sich für Bertha Benz stark gemacht, „jetzt nicht, weil wir so große Autofans sind“, erklärt die Fraktionssprecherin Carmen Tittel, sondern weil die Grünen finden, dass zu wenig Esslinger Straßen nach Frauen benannt sind. Bertha Benz war immerhin die erste Autofahrerin der Weltgeschichte, hat die Auto-Bremsbeläge erfunden und war die geldgebende Gattin von Carl Benz.

Alle drei Fraktionen sagen, dass man die Vorschläge ohne größere Abstimmung im Vorfeld in ein paar Minuten angesprochen und in einem Antrag zusammengefasst habe. Vor allem deswegen, weil vor allem die Südtangente und der Weg am Ebershaldenfriedhof noch keinen Namen gehabt haben.

Kommt die Vienne-Brücke, verliert das Brückenbauwerk aus den 1960er Jahren einen höchst respektablen Namen. Das Quartier am Neckarufer, aus dem sie sich erhebt, trägt den Flurnamen Vogelsang. Dabei handelt es sich nach Auskunft des Stadtarchivs um einen „sehr alten Flurnamen“, der 1297 erstmals erwähnt wurde.