Die SSB soll auch mit neuen Angeboten präsent sein und mehr Fahrgäste gewinnen. Nicht immer aber gelingt das im gewünschten Umfang, wie hier mit dem Sonderbus X1. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Aufsichtsrat muss Vorgänge aus dem Jahr 2018 abarbeiten, beschäftigen sich aber hauptsächlich mit dem enormen Finanzbedarf für neue Stadtbahnen und Infrastruktur.

Stuttgart - 2018 haben die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) einen dramatisch höheren Verlust ausgewiesen als dem Aufsichtsrat des städtischen Verkehrsunternehmens noch in der Dezembersitzung avisiert worden war. Das Minus stieg von geplanten 26,3 auf rund 34,3 Millionen Euro. Das Kontrollgremium hatte den drei Vorständen daraufhin die Entlastung verweigert und Oppenländer Rechtsanwälte (Stuttgart) mit einer Prüfung betraut.

Im Zwischenbericht beschrieb das Büro am Donnerstag dem SSB-Aufsichtsrat Kommunikationsmängel und Abstimmungsprobleme. „Es lief bei den SSB auf allen Ebenen nicht optimal, auch auf Vorstandsebene nicht“, so ein Mitglied des Gremiums. Grobe Fahrlässigkeit oder strafbare Handlungen könne man den drei Vorständen – zwei haben das Unternehmen verlassen – nicht vorwerfen, so ein anderer Kontrolleur, sie seien aber „ihrer Aufsichtspflicht nicht vollständig nachgekommen“. Den Schlussbericht will Oppenländer in der Sitzung im Dezember vorlegen.

Holding macht zu wenig Gewinn

Der SSB-Verlust wird von der Stadt über eine Holding ausgeglichen, in der Erträge aus Geldanlagen und Gewinne anderer städtischer Unternehmen gebündelt werden. Weil die Verzinsung der Anlagen schwindet, kam es dort allerdings zu einem Verlust. Insgesamt gesehen, so ein Kontrolleur, sei bei den SSB wohl kein Schaden entstanden, der Vorstand müsse aber künftig wieder „vernünftige Prognosen“ abgeben können. Große Hoffnungen setzt das Gremium auf den aus Hannover kommenden neuen kaufmännischen Vorstand, der im Dezember sein Amt in der SSB-Zentrale in Möhringen antreten soll.

Auch für die 2019er-Planung waren bei den SSB Mängel festgestellt worden. Der neue Vorstandschef Thomas Moser, der aus dem eigenen Haus kommt, hatte im Juli gegenüber dem Aufsichtsrat von „Planungsfehlern“ gesprochen und auf einer Folie die Zuständigkeiten dargelegt. SSB-Aufsichtsratschef und OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte daraufhin um einen „behutsamen Umgang mit Schuldzuweisungen“ gebeten.

Forderungen für den Haushalt

Wichtiger als die Aufarbeitung alter Versäumnisse aber sind dem Aufsichtsrat Investitionen in den Nahverkehr. Für die Beratungen zum städtischen Doppelhaushalt 2020/2021 haben mehrere Fraktionen in Anträgen dicke Finanzspritzen gefordert, mit das Nahverkehrsunternehmen seine Stadtbahnflotte erneuern, die Gleisinfrastruktur instand halten und neue Strecken bauen kann. Allein 38 Stadtbahnen werden bald 40 Jahre auf Tour sein, der Stückpreis für eine neue liegt zwischen vier und 4,5 Millionen Euro. Die CDU will dafür in den nächsten fünf Jahren je 25 Millionen Euro für die SSB bereitstellen. „Wir wollen der SSB Luft zum Atmen geben“, sagt CDU-Stadtrat Jürgen Sauer. Die Linksfraktion hält jährlich 35 Millionen Euro bis 2025 für nötig, die SPD denkt in einer ähnlichen Größenordnung (110 Millionen), wenngleich über einen größeren Zeitraum. „Die Instandhaltung war lange der Stellhebel um den jährlichen Verlust unter 25 Millionen Euro zu halten, das geht jetzt nicht mehr gut“, so SPD-Fraktionschef Martin Körner. Ohne die Zuschüsse seien die Ziele des Nahverkehrsplans, mehr Kapazitäten in Bussen und Bahnen zu schaffen, nicht zu erreichen.