Trainer Christian Streich steht mit dem SC Freiburg vor wegweisenden Wochen Foto: Baumann

Am nächsten Sonntag ist es so weit: Das baden-württembergische Landesduell zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg steigt – und dabei ist klar: Auch das Team von Trainer Christian Streich ist unter Zugzwang.

Freiburg - Am Ende, als auch noch der Regen kam und dem tristen Freiburger Fußballnachmittag ein passendes Abschlussbild gab, da hallte ein großer Wunsch durchs enge Schwarzwaldstadion. „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, war vom Stehrang hinterm Tor zu hören, während die Spieler des Sportclubs, nun ja, tatsächlich ein bisschen wie die berühmten begossenen Pudel im Regen standen und traurig ins Publikum winkten.

2:4 verloren im badischen Duell gegen die TSG Hoffenheim, die zweite Niederlage im zweiten Rückrundenspiel – und jetzt steigt die Partie, die sie zumindest in Freiburg als echtes, ultimatives Nachbarschaftsduell ansehen. Sonntag, 18 Uhr, VfB Stuttgart gegen den SC Freiburg – oder, wie es SC-Präsident Fritz Keller am Samstag auch mit Blick auf Geschichte und Tradition des soeben siegreichen Gegners aus dem Kraichgau sagte: „Das ist für uns ein echtes Derby, das heute war keins.“

Das sahen die Hoffenheimer Fans ein bisschen anders, als sie sich beim ihrem Abschlussgesang in Freiburg genüsslich das Ergebnis vor Augen führten („Derbysieger, Derbysieger, hey, hey“) – aber wie auch immer: So ein echtes Derby, oder je nach Sichtweise, ein Duell zwischen Württemberg und Baden wie das am nächsten Sonntag, birgt ja eh schon genügend Brisanz.

Peinlicher Patzer gegen Hoffenheim

Weil die Freiburger aber zu Beginn dieses Jahres, wenn man so will, ein bisschen die Schwaben auf dem Platz gegeben und mit Punkten gegeizt haben, bekommt das Spiel beim VfB nun nicht weniger als vorentscheidenden Charakter für den Rest der Rückrunde. Gewinnt Freiburg in Stuttgart und erfüllt damit den heiß ersehnten Wunsch des Anhangs, dann ist man wohl erstmal alle Abstiegssorgen los – bei einer Niederlage aber hätte man nur noch vier Punkte auf den Relegationsplatz. Und damit reichlich Druck und unruhige Wochen vor sich. „Wir wollten gegen Hoffenheim punkten, das haben wir nicht gemacht, deswegen wird es jetzt ein sehr wichtiges Spiel in Stuttgart“, sagte der Freiburger Torschütze Lucas Höler kurz und knapp.

Sein Trainer Christian Streich hatte da schon mehr zu erzählen, denn die Liste der Dinge, die sein Team auch mit Blick aufs Spiel beim VfB abstellen sollte, ist lang. Das Hauptproblem: Hinten leistet sich der SC schwere Böcke, die dem Trainer Nerven und dem Team Punkte kosten. Als Sinnbild dafür taugt das 0:1 gegen Hoffenheim, als Rechtsverteidiger Pascal Stenzel einen schlimmen Rückpass in den freien Raum spielte und Torhüter Alexander Schwolow nicht zum Ball rannte, weil er dachte, dass Innenverteidiger Dominique Heintz schon hingeht. Der blieb dann aber auch weg, weil er meinte, dass Schwolow rauskommen würde. Am Ende kam folglich ein Hoffenheimer an der Ball, es war der Stürmer Joelinton, der das Geschenk annahm und mit seinem Tor die Schleife drum machte.

Das nächste Freiburger Präsent gab es vor dem 1:2, als Stenzel einen völlig unnötigen Elfmeter an der Strafraumgrenze verursachte. „Wir haben Tore gekriegt, die du nicht kriegen darfst. Wir haben es Hoffenheim einfach gemacht“, sagte Christian Streich – und widmete sich dann seinem Lieblingsthema des Tages. Es hieß: Stabilität gepaart mit Balance.

Spielt der SC in Stuttgart defensiver?

Es ist ja derzeit so im Spiel des Sportclubs: Hinten leistet sich das Team immer wieder folgenschwere Patzer, nach vorne aber geht einiges. Der traditionell offensiv ausgerichtete SC erarbeitet sich viele Chancen, und die offensiven Standards (beide Tore gegen Hoffenheim fielen nach ruhenden Bällen) sind eine Wucht.

Weil das eine aber das andere immer bedingt, weil ohne Stabilität und Kompaktheit keine guten Ergebnisse drin sind, sagte Streich mit Blick aufs Spiel beim VfB noch dies: „Wir müssen uns Gedanken machen, wie offensiv wir spielen können. Wenn du so offensiv spielen willst, wie wir das tun, brauchst du generell Ruhe und Stabilität, sonst lädst du den Gegner zu Toren ein.“ Der Freiburger Stabilitätspakt könnte also vereinfacht ausgedrückt so aussehen, dass Streich seine Jungs in Stuttgart aufgrund der um sich greifenden Verunsicherung in der Abwehr mit einer etwas defensiveren Ausrichtung auf den Platz schickt.

Dann also, wenn der SC sich nach einer zuletzt ziemlich miesen Bilanz in Stuttgart (fünf Niederlagen und ein Remis aus den vergangenen sechs Pflichtspielen) anschickt, mal wieder beim VfB zu gewinnen. Zumindest den Präsidenten Fritz Keller ficht die Statistik nicht an. Er sagt, vielleicht auch aus dem Gefühl des noch recht satten Punktevorsprungs heraus: „Wir fahren da locker hin und versuchen zu punkten.“ Dabei habe er den VfB, so Keller, weiter, in dieser Saison im oberen Tabellendrittel erwartet: „Bei diesem Etat muss man mehr wollen als das, was bisher zu Buche steht.“ Für Keller ist der VfB gar „ein schlafender Riese“. Den Gegner groß machen und ihm so den Druck auflasten – auch das ist eine beliebte Taktik vor einem Landesduell. Das zumindest in Freiburg als echtes Derby durchgeht.