Mit diesem Fisch stimmt etwas nicht: Szene aus dem Umwelt-Werbeclip „The Beauty“. Foto: First Steps

Der Nachwuchsfilmpreis First Steps zeichnet an diesem Montag junge Filmemacher aus. Auch Absolventen der Ludwigsburger Filmakademie sind mit starken Projekten im Rennen.

Stuttgart - Wie so viele Branchen ächzt derzeit auch das Filmgeschäft unter extrem erschwerten Bedingungen. Besonders hart trifft es junge Filmemacher, die ihren Platz noch finden müssen und nun durch die Pandemie harsch ausgebremst wurden. Einen kleinen Lichtblick immerhin gibt es: Der Nachwuchsfilmpreis First Steps, die bedeutendste Auszeichnung für Abschlussfilme von Filmschulen in den deutschsprachigen Ländern, trotzt dem Virus und wird am 14. September in Berlin verliehen – allerdings erstmals nicht leibhaftig, sondern via Live-Stream.

Am Berliner Holzmarkt, einem jungen, alternativen Kulturareal am Spreeufer, errichten die Veranstalter eine Bühne mit großer Leinwand, auf der von 19 Uhr an die Schauspielerin Nilam Farooq durch den Abend führen wird. Unterstützung bekommt sie von dem Schauspieler Edin Hazanovic sowie dem TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf.

Eine kleine Androidin gibt Rätsel auf

Zwischen drei und sechs Nominierte konkurrieren in neun Kategorien um Preisgelder von insgesamt 117 500 Euro. Niemand weiß, wie viele es 2021 sein werden, wenn die Produktions-Zwangspause voll durchschlägt. Wie in jedem Jahr sind auch Studierende der Ludwigsburger Filmakademie in Berlin am Start, in der Königskategorie „Abendfüllender Spielfilm“ die Österreicherin Sandra Wollner mit ihrem respektablen Diplomfilm „The Trouble with being born“. Der war schon auf der diesjährigen Berlinale im neuen Wettbewerb „Encounters“ zu sehen und blickt in eine nahe Zukunft, in der es Androiden gibt, die sehr menschlich wirken – es aber nicht sind, wie sich nach und nach herausstellt.

„Papa“ nennt ein sehr junges Androiden-Mädchen den Päderasten, bei dem es lebt. Lange lässt Wollner in der Schwebe, wie weit entwickelt die Androidin tatsächlich ist, wie viel sie von ihrer Umwelt wahrnimmt und wie viel sie in Konversationen wirklich versteht. Der Ansatz ist stark und Wollner hat sich entschieden, inhaltlich im Vagen zu bleiben, in Andeutungen, und eher auf Stimmungen zu setzen. Bei Fluchtversuchen durch den Wald schlagen Blätter gegen die Handkamera, und wenn sich alles auflöst, bleibt man als Zuschauer sprachlos zurück.

Naturwunder entpuppen sich als Plastikmüll

Der Schweizer Pascal Schelbli ist mit seinem Diplom-Clip „The Beauty“ in der Kategorie „Werbefilm“ nominiert. Sonnenstrahlen dringen durch die Meeresoberfläche ins tiefe Blau und ein Fischschwarm tanzt – doch es ist ein Mikroplastik-Strudel. Die Kamera sinkt, doch die Pflanzen am Meeresgrund entpuppen sich als Plastikmüll. Eine Muräne erscheint, doch ihre Flanken haben das Profil eines Autoreifens. Quallen entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Plastiktüten, Delfine als Plastikflaschen: Gekonnt animiert setzt Schelbli die Müllhalde Ozean in Szene wie ein Naturwunder und macht so umso schmerzlicher bewusst, was da an Schönheit verschwunden ist. Jede Umweltorganisation könnte diesen Clip einsetzen.

Für den Michael-Ballhaus-Kamerapreis ist der Filmakademie-Absolvent Philip Henze nominiert, der bei Murad Abu Eishehs Kurzfilm „Tala’vision“ für die Bildgestaltung verantwortlich war. Der Film erzählt von einem Mädchen in einem von IS-Terroristen besetzten Teil Syriens, das kein Fußballspiel verpasst – bis der IS Fernseher verbietet. Sie verkleidet sich als Junge, um heimlich einen von der Straße zu holen, und es ist herzzerreißend, wie das mörderische Regime selbst vor Kindern nicht halt macht. Henze bleibt konsequent auf Augenhöhe mit der kleinen Tala und ermöglicht es den Zuschauer, alles aus ihrer Perspektive zu erleben.

Vampire gedeihen, wo die Menschheit scheitert

In der Kategorie „Drehbuch“ ist der im Kosovo geborene und in Deutschland aufgewachsene Driton Sadiku nominiert. In seiner Ludwigsburger Abschlussarbeit „Drakulla“ erzählt er eine Vampir-Geschichte vor dem Hintergrund des Ersten Balkankrieges im Jahr 1913, in dem die Mutter eines jungen Albaners auf der Flucht von einem Untoten gebissen wird. Die Idee, Geschichte einmal aus so einem Blickwinkel zu erzählen, hat Charme. Man darf gespannt sein, ob Sadikus Werk verfilmt wird – wenn Dreharbeiten ohne Abstand irgendwann wieder möglich sind.