Ein Blick auf das Areal, auf dem 39 Wohnungen entstehen sollen. Foto: Claudia Leihenseder

In den Boden gerammte Pfosten und Flatterband verdeutlichen, wie hoch und wuchtig in Filderstadt-Plattenhardt gebaut werden soll. Zu Besuch bei entsetzten Anwohnern.

Plattenhardt - Weißrot weht das Baustellenband dort, hoch oben über den Köpfen, befestigt an langen Stangen. Unschuldig flatternd zeigt es, wie hoch die geplanten Gebäude zwischen der Reutestraße und der Schönbuchstraße werden sollen. „Das ist ja entsetzlich“, sagt Sabine Schäfer-Gold und schaut in den blauen Himmel empor: „Da hat man ja das Gefühl, eingemauert zu werden“, meint die Plattenhardterin aus dem Weilerhau und schüttelt mächtig den Kopf.

So wie ihr geht es den meisten Anwohnern und Interessierten, die an diesem sonnigen und heißen Freitagnachmittag in den Garten der Schönbuchstraße 37 gekommen sind. Ein Blick auf die hohen Stangen, welche die Bürgerinitiative „Aufbruch Filderstadt – Stadtteil Plattenhardt“ in die Erde rund um das Bauvorhaben gerammt hat. Ein Kopfschütteln. Und dann Unglaube, Frust und auch Wut. Heiß diskutiert werden an den Biertischen mit herrlicher Aussicht auf die Filderebene Grundstücksgrenzen, Baupläne und das Verhalten der Lokalpolitik.

„Wir fühlen uns nicht ernstgenommen“, sagt ein Anwohner mit grünem Poloshirt, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. „Alle Argumente werden abgebügelt“, fügt er enttäuscht hinzu. Mit ihnen wolle niemand diskutieren, kritisiert er weiter kräftig. Dabei sei unter den Anwohnern ganz klarer Konsens: „Dass gebaut werden soll, ist keine Frage.“ Nur nicht in diesem Ausmaß.

Die Anwohner fordern mehr Kompromissbereitschaft

Das sieht auch Wulf Lange aus Sonnenberg so. Ihm gehört eine Wohnung an der Schönbuchstraße 37. „Wir prangern die Verhältnismäßigkeit an“, sagt Lange. Der geplante massive Block von sieben Gebäuden zerstöre das gewachsene Gefüge in der Umgebung. Eine normale Stadtentwicklung sehe anderes aus, fügt er noch hinzu. Sein Mieter aus dem Erdgeschoss ist ebenfalls entsetzt, als er die Pläne und die Stangen sieht: „Das Idyllische verschwindet, ich kann keinen Sonnenaufgang mehr sehen“, beklagt sich Renzo Gasperetti, der mit seiner fünfköpfigen Familie gerne in Plattenhardt wohnt. Die Fantasie verschwinde – und mit ihr die vielen Vogelarten, fügt der Mann schon fast aufgebracht hinzu.

Ungläubig blickt auch eine weitere Anwohnerin die Stangen hinauf: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass so große Gebäude in die Lücke hier hineinpassen sollen“, sagt die junge Mutter und sieht unter anderem bei den Parkplätzen in der Umgebung des Neubauprojekts erhebliche Probleme: Schon jetzt habe ihr Mann große Schwierigkeiten, einen geeigneten Abstellort für sein Auto zu finden. Sie selbst könne zwar in ihrer Garage parken. Aber: „Er sucht jeden Abend eine Viertelstunde nach einem Parkplatz“, sagt sie. Wie das später werden solle, wenn da zusätzlich 39 neue Wohneinheiten entstehen, ist ihr völlig unklar.

„Wir leiden unter dem falschen Verdacht, dass wir komplett gegen eine Bebauung sind“, sagt Andreas Gollmann von der Bürgerinitiative. Dabei fordern sie nur eine gewisse Kompromissbereitschaft von der Stadt und den Stadträten. Wenn gebaut wird, dann bitte angemessen und mit Augenmaß. „Es wäre schon viel gewonnen, wenn ein Stockwerk weniger entstehen und die dritte Reihe nicht realisiert werden würde“, so Gollmann. Schon allein 20 bis 25 Wohneinheiten bei dieser Nachverdichtung statt der geplanten 39 wären viel besser. Wulf Lange betont: „Unser Ziel ist es, die Stadt dazu zu bringen, alle Interessen sauber abzuwägen.“ Sonst werde die Bürgerinitiative den Gerichtsweg einschlagen. „Das wollen wir uns aber allen ersparen“, sagt Lange.