Politik-Kritik von Influencern, Nachhilfe via YouTube oder doch Nachrichten nach öffentlich-rechtlichem Standard? Wir haben uns umgehört und Stuttgarter gefragt, wie sie sich informieren und was sie von diesen Formaten halten.

Stuttgart - Die Volksparteien sind die Verlierer der Europawahl und das alles wegen eines YouTubers? Jugendliche lernen und bilden sich auch über die Online-Plattform, das hat eine Studie des Rats für kulturelle Bildung ermittelt. Doch wie viel Einfluss haben Influencer auf die Erstwähler? Jugendliche sind kritisch und die Stuttgarter auch.

YouTube als Nachhilfelehrer und Informationsquelle

„Eines der obersten Ziele schulischer Bildung überhaupt ist es, junge Menschen zu befähigen, sich in der modernen Gesellschaft zu orientieren und politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Fragen und Probleme kompetent zu beurteilen“, so heißt es auf der Internetseite der Kultusministerkonferenz.

Wenn es jedoch darum geht, schulische Inhalte zu verstehen und zu verfestigen, nutzen die Hälfte der Schüler YouTube-Videos. Das hat eine Studie des Rats für kulturelle Bildung herausgefunden. In der Studie wurden Jugendliche von 12 bis 19 Jahren nach deren Nutzungsverhalten kultureller Bildungsangebote gefragt. 93 Prozent der 18 bis 19-Jährigen – unter anderem die Erstwähler der Europawahl – nutzen YouTube auch gezielt für Lern- und Bildungsprozesse.

Die kritische Auseinandersetzung mit YouTube und dem Internet komme bei den Nutzern schulisch zu kurz, so die Autoren der Studie. Das Projekt der Bundesregierung „DigitalPakt Schule“ hat sich zwar zur Aufgabe gemacht, digitale Kompetenz zu vermitteln und das mit Hilfe von digitalisierten Schulen sowie qualifizierten Lehrern. Die YouTube-nutzenden Jugendlichen fordern laut Studie jedoch mehr: Die Inhalte der Plattformen sollen hinterfragt sowie Vor- und Nachteile untersucht werden.

Jugendlichen vertrauen den Öffentlich-Rechtlichen

Jugendliche nutzen YouTube als Informationsquelle nicht nur für Hausaufgaben. Ende 2018 hat die JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) die Nutzungsmuster der Jugendlichen untersucht und festgestellt, dass zwei Drittel der zwölf bis 19-Jährigen YouTube zu ihrer Lieblingsplattform zählen. 60 Prozent nutzen diese, um sich zu informieren.

Nachrichtenportale oder Informationen aus Facebook und Twitter werden hingegen nachrangig als Informationsquelle verwendet. Wenn es allerdings darum geht, welchen Nachrichten die Jugendlichen am meisten trauen, stehen Tagesthemen bzw. Tagesschau von der ARD an erster Stelle, gefolgt von regionalen Printzeitungen und öffentlich-rechtlichen Radiosendern. Das heißt, die Jugendlichen nutzen zwar die Internetplattformen, um sich zu informieren, als zuverlässig sehen sie jedoch vor allem die klassischen Nachrichtenmedien.

Influencer werden demnach eher kritisch beäugelt, doch wenn es um die Videoauswahl geht, spielt die Rolle der Werbe-Profis eine größere Rolle. Rund zwei Drittel der Jugendlichen nehmen laut Studie des Rats für Kulturelle Bildung Video-Tipps von YouTubern und Co. an. Rund 20 Prozent informieren sich sogar direkt über aktuelle Nachrichten auf der Plattform, so die Ergebnisse der JIM-Studie 2018. Das Themenspektrum auf der Plattform ist breit und neben Beauty, Fashion und Lifestyle wird auch Politik gemacht – und das mit hohem Qualitätsstandard.

YouTube kann auch politisch

Mit am bekanntesten und beliebtesten mit rund drei Millionen Followern ist der Politik-Channel von LeFloid, der wird allerdings von lediglich drei Prozent der Jugendlichen als Lieblingskanal genannt. Bei dem vielfältigen Programmangebot, das die Plattform bietet, ist das nicht überraschend. Neben dem YouTuber kommt MrWissen2go auf eine Million Abonnenten. Dieser Kanal erklärt, genau wie LeFloid, trockene politische und gesellschaftliche Themen mit dem gewissen YouTube-Charme.

Neben diesen YouTubern bietet vor allem das junge Angebot von ARD und ZDF „Funk“ viele Kanäle mit nachrichtlichen Themen nach öffentlich-rechtlichem Standard auf YouTube an. MinderestingPictures, Franziska Schreiber oder Tilo Jung sind hier nur eine Auswahl.

Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) spricht sich für den Trend der Jugendlichen aus: „Es spricht nichts dagegen, wenn Schüler Erklärvideos auf YouTube auch zu schulischen Themen nutzen.“

Wir waren mit der Kamera in der Stuttgarter Innenstadt, haben die Menschen gefragt wie sie sich informieren und was sie von Online-Nachrichten durch Influencer halten.

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