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Friedrich Müller wollte in den 1970er Jahren die Lebensbedingungen von Menschen in der Dritten Welt verbessern. Zusammen mit seiner Frau verkaufter er Waren aus Indien und Bangladesch in seinem Wohnzimmer – und initiierte den ersten Eine-Weltladen Deutschlands in Stuttgart.

Weilheim - Anderen helfen und die Welt ein klein wenig besser machen: Das waren die Gründe für den Walheimer Friedrich Müller und seine Frau, Anfang der 70er Jahre Produkte aus Indien und Bangladesch in Deutschland zu verkaufen – und die Eröffnung einesWeltladens in Stuttgart voranzutreiben.

Herr Müller, Sie haben den Eine-Welt-Laden in Deutschland also erfunden.
So ungefähr. Mit meiner Frau zusammen habe ich in unserem eigenen Wohnzimmer in Walheim Produkte aus der Dritten Welt verkauft. Ich wollte aber, dass das Konzept weitergetragen wird und mehr Menschen erreicht. Walheim ist ja klein. In Stuttgart hatte ich ein paar Freunde, die meine Idee unterstützt haben. Und die haben dann den ersten Eine-Welt-Laden Deutschlands in der Blumenstraße in Stuttgart eröffnet. Von dort aus ist die Idee in ganz Deutschland gewachsen.
Aber die Idee war ursprüngliche die Ihre.
Ja. Ich hatte einen Freund, der als Entwicklungshelfer in Bangladesch gearbeitet hat. Dieser hat den Kontakt zu den Arbeitern hergestellt und sie bei der Herstellung der Kleidung und der Lebensmittel beraten, was den Menschen in Deutschland schmeckt und gefällt. Die fertigen Waren hat er dann an uns geschickt.
Und was waren das für Waren?
Hauptsächlich Kleidung und Lebensmittel, zum Teil auch Spielwaren aus Indien und Bangladesch. Später kamen dann noch Produkte aus Hongkong und China dazu.
Wo haben Sie die denn gelagert?
Wir haben in unserem Schlafzimmer einen Schrank leer geräumt und in diesem dann die Waren verwahrt. Wenn jemand etwas kaufen wollte, dann haben wir die Sachen aus dem Schlafzimmer geholt und im Wohnzimmer verkauft. Lange haben wir das aber nicht gemacht. Nur für etwa zwei Jahre. Ich wollte ja von Anfang an, dass in Stuttgart ein Laden aufmacht, der regelmäßig geöffnet hat.
Warum haben Sie den Laden in Stuttgart denn nicht selbst eröffnet?
Ich habe das nur nebenbei gemacht. Wir waren ja in Walheim verwurzelt. Ich habe als Lehrer an der Grundschule in Walheim gearbeitet. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, und das wollte ich nicht aufgeben. Ich habe auch einige Angebote bekommen, als Entwicklungshelfer mit meiner Familie nach Asien zu gehen. Aber auch die habe ich ausgeschlagen, weil ich meinen Lehrerberuf nicht aufgeben wollte.
Was war der Grund für Ihr Engagement?
Wir wollten eine Welt schaffen, die tragbar, sinnvoll und gerecht ist. In der Dritten Welt gab es eine rückständige Gesellschaft, die wir dabei unterstützen wollten, dass sie sich selbst helfen. Die Produkte kamen von Menschen, die sonst keine Arbeit hatten, und durch den Verkauf ihrer selbst genähten Kleidung einen Gewinn erzielt haben, von dem sie leben konnten.
Arbeiten Sie noch in der Entwicklungshilfe?
Nein. Mit meinen 87 Jahren überlasse ich jetzt den Jüngeren den Vortritt. Aber ich finde es toll, wie viel sich in den letzten Jahren in der Armutshilfe getan hat.