Ronald Pofalla (rechts) gilt als enger Vertrauter von Bahnchef Grube (links). Foto: dpa

Der CDU-Mann und Chef-Lobbyist des größten deutschen Staatskonzerns, Ronald Pofalla, soll Nachfolger von Technik-Vorstand Kefer werden. Die Wettbewerber der Deutschen Bahn sind in Sorge.

Berlin - Ronald Pofalla, der Cheflobbyist der Deutschen Bahn AG und frühere Amtsleiter von Bundeskanzlerin Angela Merkel, soll neuer Infrastrukturvorstand des Staatskonzerns werden. Pofalla könnte das Technikressort des Staatskonzerns, zu dem das gesamte deutsche Schienennetz gehört, schon am 1. Januar 2017 vom bisherigen Bahn-Vizechef Volker Kefer übernehmen. Das melden übereinstimmend mehrere Nachrichtenagenturen unter Bezug auf „Bahnkreise“.

Bisher allerdings hat der zuständige DB-Aufsichtsrat, der am kommenden Mittwoch in Berlin tagt, diesen weiteren AufstiegPofallas im größten deutschen Staatskonzern noch nicht beschlossen. Im 20-köpfigen Kontrollgremium kontrolliert die Arbeitnehmerseite mit den Bahngewerkschaften EVG und GDL per Mitbestimmung die Hälfte der Sitze. Zudem entscheiden dort mit der Staatsekretärin Brigitte Zypries und der Verkehrspolitischen Sprecherin Kirsten Lühmann auch hochrangige SPD-Politiker über den nächsten Karrieresprung Pofallas.

Der frühere CDU-Spitzenmann ist umstritten

Innerhalb und außerhalb des Konzerns ist der frühere CDU-Spitzenmann umstritten. Bereits sein zum 1. Januar 2015 vollzogener Wechsel zur DB sorgte vor zwei Jahren monatelang für kritische Schlagzeilen. Bahnchef Rüdiger Grube, der als enger Freund Pofallas gilt, musste darauf zurückrudern. Der Politiker wurde zunächst nur „Generalbevollmächtigter für politische Beziehungen“, erst später konnte er den Vorstandsposten für Recht und korrekte Unternehmensführung übernehmen. Dafür wurde sein Vorgänger Gerd Becht vorzeitig zu vollen Bezügen auf DB-Kosten in den Ruhestand geschickt.

In SPD- und Arbeitnehmerkreisen stößt der Plan Grubes auf massive Kritik, seinen Intimus zum Chef der wichtigen Netzsparte und damit auch zu seinem designierten Nachfolger zu machen. Grubes Vertrag läuft noch bis Ende 2017, eine Verlängerung um zwei bis drei Jahre gilt trotz seiner dürftigen Bilanz als wahrscheinlich. Pofalla könnte also spätestens 2020 Bahnchef werden.

Der nächste Karrieresprung ist kaum noch aufzuhalten

Sein Aufstieg sei „kein Selbstläufer“, heißt es in der SPD-Bundestagsfraktion. Der Druck aus dem Kanzleramt sei jedoch so groß, dass der nächste Karrieresprung Pofallas „kaum noch aufzuhalten“ sei. Auch auf Gewerkschaftsseite heißt es, dem CDU-Mann fehle jegliche Erfahrung im operativen Geschäft. Zudem sei es in hohem Maße fragwürdig, wenn ein technischer Laie wie der Jurist und Sozialpädagoge Pofalla ohne jeden Vorlauf das hoch komplexe Technikressort des größten Schienenkonzerns Europas übernehmen solle.

Unter DB-Wettbewerbern wurde die geplante Personalie teils geradezu mit Entsetzen registriert. „Das ist für uns der schlimmste Fall“, heißt es in der Führungsetage eines wichtigen Konkurrenten. Pofalla sei „dafür bekannt, Wettbewerb massiv beschränken zu wollen“. So hatte der CDU-Mann zuletzt dafür gesorgt, dass das neue Bahn-Regulierungsgesetz abgeschwächt wurde. Auch in Brüssel bei der EU-Kommission soll sein Einfluss mit dafür verantwortlich sein, dass die bessere Trennung zwischen der hoch subventionierten Netzsparte (DB Netz AG) und den Verkehrssparten (Fern-, Regional- und Güterverkehr) nicht mehr so entschieden wie zuvor verfolgt wird.

Die Wettbewerber der Deutschen Bahn sind in Sorge

Bei den DB-Wettbewerbern wächst nach Informationen unserer Redaktion deshalb nun die Sorge, dass Pofalla als oberster Infrastruktur-Chef die Netzsparte unter dem Konzerndach noch mehr nach den Interessen des Ex-Monopolisten ausrichten wird. Schon jetzt klagt zum Beispiel der Verband Mofair der DB-Wettbewerber über zahlreiche Benachteiligungen, der größte DB-Konkurrent Transdev klagt sogar gegen die DB Netz vor Gericht.

Transdev-Chef Christian Schreyer hält besonders die beabsichtigte künftige Doppelfunktion Pofallas als Cheflobbyist und Infrastrukturvorstand für „ein Unding, das absolut nicht zulässig ist“. Denn als Cheflobbist vertrete Pofalla schon bisher allein die Interessen des marktbeherrschenden Bahnriesen. Als Chef der Netzsparte dagegen, die laut Gesetz für alle Bahn-Unternehmen gleichberechtigten Zugang bieten muss, müsse Pofalla für Diskriminierungsfreiheit auf der Schiene sorgen. „Beide Funktionen in einer Person, das geht gar nicht“, kritisiert Schreyer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Im kleinen politischen Kreis der DB-Strippenzieher scheint der weitere Aufstieg Pofallas gleichwohl ausgemachte Sache zu sein. Auf Seiten der Bundesregierung soll es in dieser Woche beim Treffen der zehn Vertreter der Kapitalseite, darunter drei Staatssekretäre, zwar deutliche Differenzen gegeben haben. Doch die SPD wollte dem Vernehmen nach keine Palastrevolution riskieren. Zudem soll es nach Informationen unserer Redaktion stille Vereinbarungen mit der Union geben, wonach jede Seite einige wichtige Personalien durchsetzen kann.

Auch auf Arbeitnehmerseite ist man offenbar erneut zu Zugeständnissen bereit. Denn beim harten Sanierungsprogramm „Zukunft Bahn“, das Bahnchef Grube aufgesetzt hat, könnten die Gewerkschaften weitere Abstriche durchsetzen. Zudem laufen aktuell noch mit EVG und GDL die Tarifverhandlungen. Ein beidseitiges Entgegenkommen bei diesen auch politisch aufgeladenen Streitpunkten könnte, so ist zu hören, im DB-Aufsichtsrat die Kompromisse erleichtern.