Das Ringen um die Fahrpreiserhöhung im VVS geht in die nächste Runde. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Landräte der Kreise im VVS haben auf die Forderung von Verkehrsminister Hermann reagiert, der eine Fahrpreiserhöhung im Jahr 2020 verhindern will. Wenn er das wolle, müsse sich das Land dauerhaft an der Finanzierung der fehlenden Tarifeinnahmen beteiligen.

Stuttgart - Keine Tarifsteigerung im kommenden Jahr, dafür einen nennenswerten Zuschuss des Landes für entgehende Fahrgeldeinnahmen 2020 – der Vorstoß von Landesverkehrsminister Winfrid Hermann (Grüne) bei den VVS-Fahrpreisen, über den unsere Zeitung exklusiv berichtet hatte, löste in den Landratsämtern in Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Waiblingen am Montag hektische Aktivitäten aus. In einem gemeinsamen Brief an Hermann, der schon am Mittag rausging, forderten die Landräte Richard Sigel (Rems-Murr-Kreis), Roland Bernhard (Kreis Böblingen), Heinz Eininger (Kreis Esslingen) und Rainer Haas (Kreis Ludwigsburg) eine „verbindliche Zusicherung des Landes, die Hälfte der Kosten zu übernehmen“, die sie auf dauerhaft rund zehn Millionen Euro pro Jahr taxieren.

OB und VVS-Chef Kuhn schweigt

Gänzlich bedeckt hielt man sich dagegen im Stuttgarter Rathaus. „Die Abstimmungen zu den Tariferhöhungen im VVS laufen noch. Zu Zwischenständen oder Einzelaspekten äußert sich der VVS-Aufsichtsratsvorsitzende, Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn“, erklärte Sprecher Andreas Scharf. Wie berichtet hatte es sowohl im Stuttgarter Gemeinderat als auch in der Regionalversammlung Forderungen nach einem Verzicht auf eine Tariferhöhung gegeben. Auch die Landräte erklären nun, dass sie zwar „den Gesprächen mit der Landeshauptstadt und Beratungen in den Kreistagen nicht vorgreifen wollen und können", ihnen aber „das Signal wichtig ist, dass sich die Landräte keinesfalls gegen eine Nullrunde und zwangsläufig für eine Erhöhung der Fahrpreise aussprechen“, heißt es in dem Brief, der unserer Zeitung vorliegt.

Keine Frage des Wollens, sondern des Gelds

Darin erinnern die Landräte an die großen finanziellen Anstrengungen für die seit April gültige Tarifzonenreform, für millionenschwere Investitionen in die Infrastruktur des Nahverkehrs und für die erheblich gestiegene Verkehrsumlage beim Verband Region Stuttgart. „Ein Verzicht auf Tarifsteigerungen beim VVS im kommenden Jahr ist daher weniger eine Frage des Wollens, sondern eine Frage der nachhaltigen und langfristigen Finanzierbarkeit“. Dabei gehen die Landräte von „weiteren Mehrkosten von mindestens zehn Millionen Euro dauerhaft und pro Jahr bei der Landeshauptstadt und den Landkreisen“ aus. Hintergrund: Die von den Verkehrsunternehmen (SSB, DB Regio und Busbetriebe) fürs kommende Jahr reklamierten Kostensteigerungen müssten bei einem Verzicht auf Tarifsteigerungen von der Stadt und den Kreisen übernommen werden – eben nicht nur 2020, sondern auch in den Folgejahren, wollte man nicht später die Fahrgäste damit belasten.

Deshalb fordern die Landräte, dass das Land die Hälfte der Kosten, also mindestens fünf Millionen Euro, dauerhaft übernimmt. „Eine verbindliche Zusicherung wäre zielführend, um in den Kreisgremien Überzeugungsarbeit zu leisten“, heißt es. In den kommenden Wochen werden sich nämlich die Kreistage mit der Frage Nullrunde oder Tariferhöhung befassen.

Esslinger Landrat für 1,9 Prozent mehr

Der Esslinger Landrat Heinz Eininger, der für klare Positionen bekannt ist, machte aus seiner Meinung, obwohl er den Brief mit unterzeichnete, aber keinen Hehl. „Ich bin für eine nachhaltige Lösung mit einer moderaten Tariferhöhung um 1,9 Prozent“, sagte er unserer Zeitung. Man brauche die öffentlichen Mittel nicht für eine weitere Rabattierung der Fahrpreise, sondern für eine Qualitätsverbesserungen bei Bus und Bahn.

Wer wie Hermann eine Nullrunde fordert, müsse sie dauerhaft finanzieren. Denn durch den Verzicht auf Tarifsteigerungen werde eine Kostenunterdeckung bei den Verkehrsunternehmen aufgebaut. „Das belastet die Fahrgäste in der Zukunft“, prophezeit Eininger, „das ist nichts anderes als die Preissteigerungen von morgen“. Zudem hegen die Landräte die Befürchtung, dass „die falsche Erwartungshaltung“ bei den Fahrgästen geweckt werden könnte, dass Kostensteigerungen stets die öffentliche Hand ausgleicht. „Dies wird auf Dauer aber nicht finanzierbar sein“, betonten sie.