Kardinal Pell befindet sich zwischenzeitlich in Haft. Foto: AFP

Immer noch beteuert der australische Kardinal Pell seine Unschuld. Trotzdem ist die einstige Nummer drei des Vatikans nun wegen Kindesmissbrauchs hinter Gittern. Von Handschellen bleibt er verschont.

Melbourne - Nach seiner Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen ist der ehemalige Finanzchef des Vatikans, George Pell, verhaftet worden. Ein Gericht in Melbourne ließ den 77 Jahre alten australischen Kardinal am Mittwoch ins Gefängnis bringen. Dort soll er nun bis mindestens Mitte nächsten Monats bleiben: Am 13. März wird das Strafmaß gegen ihn verkündet. Im schlimmsten Fall drohen dem früheren Vertrauten von Papst Franziskus bis zu 50 Jahre Haft.

Nach einer kurzen Anhörung verzichtete der Vorsitzende Richter Peter Kidd darauf, Pell wegen seines Alters oder seines Gesundheitszustands Haftverschonung zu gewähren. Der Kardinal hat gerade eine schwere Knie-Operation hinter sich. Bislang war er gegen Kaution frei, durfte Australien aber nicht verlassen. Pell bestreitet die Vorwürfe bis heute mit aller Macht. Über seine Anwälte ließ er ankündigen, gegen den Schuldspruch in Berufung zu gehen.

Aufgebrachte Demonstranten beschimpfen Pell

Nach der Entscheidung des Gerichts verbeugte sich der Kardinal vor Kidd, wie die Zeitung „The Age“ berichtete. Dann wurde er von Justizbeamten aus der Saal abgeführt - ohne Handschellen. Seine erste Nacht hinter Gittern wird er in einem Gefängnis in Melbourne verbringen.

Als Pell am Morgen zu der Anhörung erschienen war, wurde er vor dem Gebäude von Dutzenden aufgebrachter Demonstranten empfangen. Manche schrien: „Sie sind ein verdammtes Monster!“ und „Fahr zur Hölle!“.

Der Erzbischof von Melbourne, Peter Comensoli, entschuldigte sich bei den Opfern sexuellen Missbrauchs. Das Vertrauen in die Kirche sei „furchtbar beschädigt“, sagte er dem Sender ABC. „Wir haben nicht richtig zugehört“, räumte er mit Blick auf die Opfer ein. Australiens katholische Kirche stand auch schon vor der Verurteilung ihres prominentesten Geistlichen wegen Zehntausender Missbrauchsfälle schwer in der Kritik.

Australier war praktischj die Nummer drei des Vatikans

Pell war bereits im Dezember von einem Gericht in Melbourne in erster Instanz für schuldig befunden worden, sich in den 1990er Jahren als Erzbischof an zwei 13-jährigen Jungen vergangen zu haben. Wegen einer Anordnung des Gerichts durfte darüber aber nicht berichtet werden. Am Dienstag hatte die Justiz diese Nachrichtensperre aufgehoben.

Als Finanzchef war der Australier praktisch die Nummer drei des Vatikans. Pell gehörte auch zu den engsten Beratern des Papstes. Er ist der bislang ranghöchste katholische Geistliche, der wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt wurde.

Pells Straftaten rechtfertigten eine sofortige Inhaftierung, erklärte Staatsanwalt Mark Gibson in der Anhörung. Er habe seine Macht als Erzbischof missbraucht. Für die Opfer sei es demütigend und erniedrigend, dass der 77-Jährige bis heute keine Reue zeige und sich auch nicht erklärt habe. Pells Anwälte betonten, der Kardinal beharre auf seiner Unschuld.

Der Vatikan hatte am Dienstag erklärt, mit weiteren möglichen Konsequenzen in diesem Fall bis zu einem anstehenden Berufungsverfahren warten zu wollen. Bereits verhängte Maßnahmen gegen Pell würden weiter gelten, sagte ein Vatikansprecher. Der Kardinal dürfe weder sein Priesteramt öffentlich ausüben noch Kontakt mit Minderjährigen haben.