Der Ex-Chef des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Clemens Binninger, sieht noch viele Fragen im NSU-Prozess als ungeklärt an. Foto: dpa-Zentralbild

Die Details der Verbrechen der NSU-Terroristen werfen für den Ex-Chef des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Clemens Binninger, noch immer Fragen auf. Allerdings sieht er auch wichtige Verbesserungen bei den Sicherheitsbehörden.

Stuttgart - Der ehemalige Chef des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Clemens Binninger (CDU), hält auch nach dem Urteil gegen Rechtsterroristin Beate Zschäpe etliche Fragen für ungeklärt. „Die wichtigste offene Frage ist nach wie vor, war der NSU wirklich nur ein Trio?“, sagte er in Stuttgart. Er bezweifele, dass alle 27 Verbrechen allein von Zschäpes Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begangen worden sind, ohne dass die beiden auch nur an einem Tatort Spuren hinterlassen hätten. Auch die Auswahl der Opfer und Tatorte wirft für Binninger Fragen auf: „Manche Tatorte liegen so abseits, dass man eigentlich Ortskunde braucht und sie nicht zufällig entdeckt. Gab es dabei Helfer vor Ort?“

Das Oberlandesgericht München hatte die Hauptangeklagte Zschäpe am Mittwoch unter anderem des zehnfachen Mordes und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Es verurteilte die 43-Jährige zu lebenslanger Haft und stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.

Keine neuen Erkenntnisse

Beim Mord an der jungen Polizistin Michèle Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem Kollegen in Heilbronn sieht Binninger ebenfalls Klärungsbedarf: Rätsel gäben noch die bislang unbekannten DNA-Spuren am Rücken eines Opfers auf sowie die Zeugenhinweise auf flüchtende, blutverschmierte Männer in Tatortnähe. Gleiches gelte für das Motiv.

Der Münchner Prozess habe keine neuen Erkenntnisse über Behördenversagen erbracht, das sei auch nicht seine Aufgabe gewesen. Diese Arbeit hätten Untersuchungsausschüsse in Ländern und im Bund geleistet. „Dabei gab es nicht die eine schuldige Behörde und auch nicht den einen Fehler.“ Der ehemalige Bundestagsabgeordnete sieht Versäumnisse bei Nachrichtendiensten, der Polizei, der Justiz und auch der Politik - vom Unterschätzen des gewaltbereiten Rechtsextremismus bis zum Festhalten an falschen Hypothesen.

Wichtige Reformen bei Sicherheitsbehörden

Eine ähnliche Mordserie rechtsextremer Täter in Deutschland schließt Binninger nicht völlig aus. „Ich bin mir allerdings sehr sicher, dass sich die damaligen Fehler und Fehleinschätzungen nicht wiederholen.“ Inzwischen hätten die Sicherheitsbehörden wichtige Reformen unternommen. Dazu zähle der Aufbau einer gemeinsamen Datei von Polizei und Nachrichtendiensten über gewaltbereite Rechtsextremisten. Die Lehre aus dem Fall sei: „wachsam sein, jeder Form von gewaltbereitem Extremismus entschieden entgegentreten und so deutlich machen, dass in unserer Gesellschaft kein Platz für Rassismus und Ausländerfeindlichkeit ist.“