Mark Esper (Mitte) ist der Verteidigungsminister der USA. Foto: dpa/Evan Vucci

Iran habe Anschläge gegen US-amerikanische Einrichtungen geplant: So hatte Trump die Tötung des Generals Soleimani gerechtfertigt. Doch Pentagonchef Mark Esper weiß nichts von konkreten Beweisen.

Berlin - Die amerikanische Regierung verstrickt sich mit ihrer Rechtfertigung für die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani in Widersprüche. Pentagonchef Mark Esper erklärte am Sonntag, er habe keine harten Beweise für eine angebliche Bedrohung von vier US-Botschaften durch Teheran. Damit schien er auf Distanz zu Präsident Donald Trump zu gehen, der eine solche Gefahr zuvor als Begründung für die tödliche Militäraktion gegen Soleimani angeführt hatte.

Den mächtigen Chef der Al-Kuds-Brigaden hatte Trump am 3. Januar am Bagdader Flughafen durch einen Drohnenangriff töten lassen. Die US-Regierung hatte Soleimani die Tötung amerikanischer Soldaten, Angriffspläne gegen Diplomaten in der Region sowie die Billigung der Erstürmung der US-Botschaft in Bagdad durch eine irakische Miliz Ende Dezember vorgeworfen.

So beantwortete Esper eine Frage im Fernsehen

Im Interview des Senders Fox News erklärte Trump zuletzt, er habe rasch gegen Soleimani vorgehen müssen, weil Geheimdienstinformationen auf drohende Attacken auf vier US-Botschaften hingedeutet hätten. Esper folgte in Interviews mit den Sendern CBS und CNN zwar der Einschätzung seines Chefs, dass der Iran mehr Einrichtungen als die US-Vertretung in Bagdad im Visier gehabt haben könne. Doch auf die Frage nach konkreten Beweisen sagte der Pentagonchef: „Ich sehe keinen im Bezug auf vier Botschaften.“ Auf die Frage, ob Trump die Bedrohung aufgebauscht habe, entgegnete Esper wiederum: „Das glaube ich nicht.“

An der Trump-Regierung regt sich im US-Kongress parteiübergreifend Kritik, weil er die Abgeordneten nicht vorab über die Operation gegen Soleimani informierte. Und auch im Nachgang blieb die Regierung nach Meinung von Kongressabgeordneten viele Details über die Beweggründe für die Aktion schuldig. Auf Trump selbst kommt ein Prozess im Senat zum Amtsenthebungsverfahren in der Ukraine-Affäre zu.

Flugzeug bei Teheran abgeschossen

Esper und andere Regierungsvertreter versuchten den Fokus auf die Kontroverse im Iran zu lenken, die der Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran ausgelöst hat. Die iranische Führung dementierte zunächst einen Abschuss des Flugzeugs, räumte ihn später jedoch ein. Die Maschine mit 176 Insassen war nach Angaben der Revolutionsgarde aus Versehen vergangene Woche abgeschossen worden. Teheran hatte kurz zuvor mit Raketenangriffen auf von US-Truppen genutzte Stützpunkte im Irak Vergeltung für die Tötung Soleimanis geübt. Aus Protest gegen den Umgang ihrer Führung mit dem Abschuss des Passagierjets gingen viele Iraner am Wochenende auf die Straße.

Die Demonstrationen zeigten, dass die Iraner hungrig nach einer transparenteren Regierung seien, sagte Esper. Sie hofften auf einen Regimewechsel. Der nationale Sicherheitsberater Robert O’Brien deutete in Interviews der Sender ABC, Fox News und NBC an, die USA sähen in den Protesten eine Gelegenheit, den Druck auf die Teheraner Führung zu erhöhen. Trump selbst twitterte am Sonntag: „An die Führer des Irans - töten Sie nicht Ihre Protestierenden. Die Welt schaut zu. Wichtiger noch, die USA schauen zu.“