Nils Schmid geht weiter vom regen Austausch mit den Schweizer Nachbarn aus. Foto: dpa

Die per Volksabstimmung beschlossene Begrenzung der Zuwanderung weckt in der Schweiz viele Sorgen. Die Unternehmen im Südwesten fürchten um die Freizügigkeit in Europa. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) appellierte für eine Umsetzung mit Augenmaß.

Die per Volksabstimmung beschlossene Begrenzung der Zuwanderung weckt in der Schweiz viele Sorgen. Die Unternehmen im Südwesten fürchten um die Freizügigkeit in Europa. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) appellierte für eine Umsetzung mit Augenmaß.

Stuttgart/Mannheim - Nach dem Votum der Schweiz für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung fürchten die Wirtschaftsverbände im Land um die europäische Freizügigkeit. „Wir beobachten einen Trend nach rechts zu mehr Abschottung im freien Europa“, sagte ein Sprecher der Arbeitgeberverbände in Baden-Württemberg. Freizügigkeit könne aber nicht nur in eine Richtung gehen. Der freie Wirtschaftsraum habe mehr Vorteile als Nachteile, mahnte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Stuttgart, Bernd Engelhardt.

Die Schweizer hatten sich am Sonntag mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Zuwanderung aus der EU zu drosseln und Höchstgrenzen festzulegen. Aus Baden-Württemberg pendeln besonders viele Arbeitnehmer ins Nachbarland. Zurzeit gibt es rund 56 000 Grenzgänger aus dem Südwesten, die meisten kommen aus den angrenzenden Landkreisen.

Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) appellierte an die Schweiz, das Votum für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung mit Augenmaß umzusetzen. „Gerade Baden-Württemberg als direkter Nachbar hat ein großes Interesse an einer ungehinderten Personenfreizügigkeit“, sagte er. „Wir werden natürlich auch weiterhin das Verhältnis zu unseren Schweizer Nachbarn im beidseitigen Interesse pflegen.“

Die Schweizer Unternehmen fürchten ihrerseits um Fachkräfte aus dem Ausland. Angesichts der Aussicht, möglicherweise ohne Familie ins Land ziehen zu müssen, werde die Qualität der Bewerber abnehmen, sagte der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Montag).

Kaum Auswirkungen für Arbeitnehmer im Land

Nach Einschätzung von Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wird das Votum kaum Auswirkungen für Arbeitnehmer aus dem Südwesten haben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schweiz das ganz hart durchexerzieren wird“, sagte Heinemann der Nachrichtenagentur dpa. „Die leiden genauso unter Fachkräftemangel wie wir.“ Nach Ansicht des Ökonomen wird die Schweizer Regierung versuchen, eine gesichtswahrende Lösung zu finden, die sich möglichst wenig auf qualifizierte Fachkräfte auswirkt.

Auch IHK-Geschäftsführer Engelhardt glaubt: „Die Schweiz wird nicht morgen Kontingente einführen.“ Es werde eher eine psychologische Wirkung auf Menschen geben, die derzeit mit einer Arbeitsstelle in der liebäugeln.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fürchtet, dass deutsche Pflegekräfte die Angst vor Überfremdung im Nachbarland deutlicher zu spüren bekommen werden. „Eine latent vorhandene Aversion könnte offen zutage treten - ich frage mich, ob die Pflegekräfte weiter auch menschlich akzeptiert werden“, sagte Verdi-Landesvize Jürgen Busch.

Der deutsche Europaabgeordnete Andreas Schwab (CDU) forderte, die Europäische Union (EU) müsse ihre mit der Schweiz geschlossenen Abkommen auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls kündigen. Setze die Schweiz die Vorgaben der Volksabstimmung um, werde sie gegenüber der EU vertragsbrüchig. „Die Verträge der EU mit der Schweiz sehen vor, dass die Grundfreiheiten auch in der Schweiz gelten.“ Die EU-Kommission müsse handeln, so Schwab.