Eine von Armut betroffene Familie erhält von Lesern Unterstützung (Symbolbild). Foto: dpa

Die Reportage über eine alleinerziehende Mutter, die im Rems-Murr-Kreis von Hartz IV lebt, hat viele Menschen bewegt. Einige wollen die Familie unterstützen – auf unterschiedliche Art und Weise. Die Betroffene ist überwältigt.

Schorndorf - Damit hat Nadja nicht gerechnet: Als die alleinerziehende Mutter, die mit ihren drei Kindern von Hartz IV lebt, die Geldscheine sieht, ist sie erst einmal sprachlos. Im Januar erschien in unserer Zeitung die Reportage „Für Wünsche fehlt Mama das Geld“ – die Geschichte von Nadja und ihren von Armut betroffenen Kindern. Daraufhin haben sich mehrere Leserinnen und Leser bei uns gemeldet, weil sie helfen wollten. Außerdem ging anonym ein Brief in der Redaktion ein, der 100 Euro für die Familie enthielt. „Das hab ich überhaupt gar nicht erwartet“, sagt Nadja und weint vor Rührung. „Ich würde mich sehr gerne persönlich bei diesem Menschen bedanken“, sagt sie immer wieder.

Andere Leser boten an, ein Fahrrad oder Gutscheine zu spenden. Sie haben wir an Kinderreich verwiesen, eine Initiative des Deutschen Kinderschutzbundes Schorndorf/Waiblingen, die von Armut betroffene Kinder im Rems-Murr-Kreis unterstützt. Auch Nadja hat dort in der Vergangenheit Hilfe erhalten. Die Mitarbeiterinnen kennen die Situation der Familie und wissen, woran es momentan fehlt. Nach Rücksprache mit der alleinerziehenden Mutter sorgen sie nun dafür, dass die Unterstützung durch unsere Leser bei ihr ankommt.

Soziale Teilhabe ist wichtig

„Immer da, wo staatliche Hilfe nicht mehr greift, unterstützen wir Familien direkt finanziell: bei materiellen Dingen, aber auch bei Kosten für den Sportkurs“, erklärt Ines Pfeil-Bürkle, die Leiterin von Kinderreich. Denn soziale Teilhabe sei wichtig. Deshalb organisiert die Initiative auch ein Sommerferienprogramm, in dessen Rahmen bedürftige Familien einen Tag in der Wilhelma oder im Freizeitpark verbringen können. „Da haben meine Mädchen so viel Spaß gehabt“, schwärmt Nadja.

Kinderreich finanziert sich hauptsächlich über Spenden von Privatleuten und Unternehmen. Für das neue Starkmacher-Projekt werden zudem Menschen gesucht, die ehrenamtlich Zeit mit einem Grundschulkind verbringen und es auch beim Lernen unterstützen möchten. Die Resonanz sei bislang gut ausgefallen, berichtet Pfeil-Bürkle. „Das hat mich positiv überrascht, dass die Bereitschaft so groß ist, sich einzubringen“, sagt sie.

Ehemals Betroffene möchte helfen

Einbringen möchte sich auch eine Leserin unserer Zeitung, nachdem sie Nadjas Geschichte gelesen hat. Sie sei selbst in einer sehr armen Familie groß geworden und als junge Mutter ebenfalls in eine Lage gekommen, in der das Geld nur gerade so gereicht hat. „Ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, weil ich meinem Sohn lange nicht das bieten konnte, was andere Kinder selbstverständlich haben konnten“, sagt sie rückblickend. Freunde hätten sie damals sehr unterstützt. Nach der Lektüre des Artikels habe sie sich über Kinderreich informiert. „Meine Idee war, dass ich nun, da es mir gut geht, mein Sohn sein Studium diesen Monat beendet und nicht mehr auf mich angewiesen ist, diese tolle Idee unterstützen möchte und Kinder und ihre Familien unterstützen mag, die nicht so viel Glück hatten wie ich“, erklärt sie. Mit Ines Pfeil-Bürkle hat es bereits ein Treffen gegeben, und die Leiterin von Kinderreich ist zuversichtlich, dass es mit einer künftigen Zusammenarbeit klappt.

„Es ist ein gutes Gefühl, dass es noch solche Leute gibt“, freut sich Nadja, als sie davon erfährt. Ihr ist wichtig, dass auch andere von Armut betroffene Familien Hilfe erhalten. Deshalb spende sie selbst Kleidung, die ihrem Jüngsten nicht mehr passt, erzählt sie, während der kleine Paul fröhlich durchs Zimmer läuft. „Für den Sommer brauche ich neue Schuhe für ihn, das ist wichtig“, sagt seine Mutter. Nun kann sie dafür einen Teil des Geldes verwenden, das der unbekannte Spender geschickt hat. Und vielleicht kann Nadja ihm oder ihr auch bald persönlich danke sagen.

Die Reportage „Für Wünsche fehlt Mama das Geld" lesen Sie hier.

Finanzierung

Dauerspender:
„Unsere Projekte können nur weitergeführt werden, wenn Geld da ist“, erklärt Ines Pfeil-Bürkle. Deshalb sucht Kinderreich Dauerspender, die regelmäßig Geld geben möchten. „Sie zu werben ist sehr schwer“, sagt Kathrin Streifling, die bei der Initiative für Fundraising und Marketing zuständig ist.

Bedarf:
Etwa 70 Prozent der Spendengelder erreichen die Betroffenen, 30 Prozent werden für Verwaltungskosten verwendet. Allein für die direkte Familienhilfe veranschlagt Kinderreich pro Jahr ein Budget von rund 10 000 Euro.