Mitte Dezember 2018 flogen die beiden AfD-Poltiker aus dem Stuttgarter Landtag. Foto: dpa

Mit ihrem Rauswurf sorgten zwei AfD-Politiker für einen historischen Eklat im Landtag. Sie wurden für mehrere Sitzungen gesperrt. Das Verfassungsgericht bestätigt nun den Ausschluss.

Stuttgart - Die AfD-Politiker Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon bleiben auch für die nächste Landtagssitzung am 23. Januar gesperrt. Der baden-württembergische Verfassungsgerichtshof lehnte Anträge der beiden Abgeordneten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Sitzungsausschluss am Montag ab. Die Anträge seien unbegründet, teilte das Gericht am Abend mit.

Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf die Geschäftsordnung des Landtags, die die Sperre von drei Sitzungen vorsehe für den Fall, dass Abgeordnete bei einem Sitzungsausschluss nicht den Sitzungssaal verlassen. Im Interesse eines ungestörten Fortgangs der Sitzung fordere die Geschäftsordnung vom Abgeordneten „seinem Ausschluss zunächst sofort und unbedingt Folge zu leisten, selbst wenn er ihn inhaltlich nicht für berechtigt hält“.

Polizei muss eingreifen

Über die Hauptsacheverfahren werde der Verfassungsgerichtshof später entscheiden, so das Gericht. Sie hätten „aller Voraussicht nach keinen Erfolg“. Es spreche alles dafür, dass der Ausschluss der Antragsteller nicht das Abgeordnetenrecht verletze.

Gedeon und Räpple wehrten sich gerichtlich gegen ihren Ausschluss in einem Hauptsache- und einem Eilverfahren. Sie sehen ihre Rechte als Abgeordnete verletzt und wollen erreichen, dass das Verfassungsgericht die entsprechenden Beschlüsse aufhebt.

Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte Räpple und den fraktionslosen AfD-Politiker Gedeon von der Sitzung am 12. Dezember und drei Folgesitzungen ausgeschlossen. Sie befolgten den Ordnungsrufen der Präsidentin nicht und verließen erst in Begleitung von Polizisten den Saal - ein beispielloser Eklat in der Geschichte des Hauses.

Räpple war zuvor durch mehrere Zwischenrufe aufgefallen - Gedeon mit einem umstrittenen Redebeitrag. Anlass war eine von der AfD angestoßene Debatte über Abtreibungen und vermeintliche „linksideologische Einflüsse“ in Kindergärten. Räpple hatte die SPD in einem Zwischenruf als „Terroristen“ beschimpft - und einen Ordnungsruf erhalten.

Räpple und Gedeon wollen PK abhalten

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatte daraufhin auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückgeblickt - und unter anderem gesagt: „und die geistigen Vorläufer von Leuten wie Herrn Räpple sind im Stechschritt durch das Brandenburger Tor marschiert“. Räpple bestand auf einen Ordnungsruf, protestierte lautstark und wurde schließlich der Sitzung verwiesen.

Der Politiker Gedeon hatte daraufhin in seiner Rede die Sitzungsleitung von Aras kritisiert und sich damit zwei Ordnungsrufe eingehandelt. „Es ist ein Skandal, wie Sie hier die Sitzung führen! Sie führen sich auf wie die Oberlehrerin“, hatte er am 12. Dezember in seiner Rede gesagt. „So können Sie ein Parlament in Anatolien führen, aber nicht in Deutschland“, sagte Gedeon in Anspielung auf die türkische Herkunft der Politikerin.

Das Parlament bestätigte den Sitzungsausschluss am 19. Dezember mit breiter Mehrheit von Grünen, CDU, SPD und FDP. An den Sitzungen am 19. Dezember und 20. Dezember durften Gedeon und Räpple nicht teilnehmen. Die letzte von den Beschlüssen des Landtagspräsidiums betroffene Sitzung ist nun die am 23. Januar, die erste Plenumssitzung des Jahres. Aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichts bleiben die Abgeordneten auch da gesperrt.

Antisemitismusvorwürfe gegen Gedeon

Am Dienstag wollen Räpple und Gedeon eine Pressekonferenz zu dem Beschluss abhalten. Räpple kritisierte die Entscheidung: „Mir war von vornherein schon klar, dass dieses Verfassungsgericht kein unabhängiges Urteil sprechen wird“, teilte er mit. „Das sind ja auch keine politisch neutralen Richter, sondern von der Regierung eingesetzte Juristen mit Parteibuch. Dem Bürger wird ein Rechtsstaat nur vorgegaukelt.“

Beide Politiker sind auch innerhalb der eigenen Partei umstritten. Der Landesvorstand der AfD will Räpple wegen parteischädigenden Verhaltens loswerden und kündigte am Tag des Rauswurfs aus dem Landtag ein Ausschlussverfahren an. Einen Parteiausschluss-Antrag des Landesvorstandes gegen Gedeon hatte das Landesschiedsgericht Anfang 2018 unter Verweis auf formale Gründe zurückgewiesen. Gedeon ist zwar fraktionslos, gehört aber weiter der Partei an. Antisemitismusvorwürfe gegen Gedeon hatten 2016 vorübergehend zur Spaltung der AfD-Fraktion im Landtag geführt. Die Fraktion ist trotz des Austritts einzelner Mitglieder in der Vergangenheit mit 20 Abgeordneten noch die stärkste Oppositionskraft im Landtag.