Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gilt als möglicher Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: dpa

Von Finanzminister Olaf Scholz fällt nach dem Scheitern der Fusionsgespräche der Deutschen Bank und der Commerzbank viel politischer Druck ab. Im Falle einer erfolgreichen Zusammenführung hätte der SPD-Politiker den Abbau Zehntausender Jobs zu verantworten

Berlin - Die Reaktion des Bundesfinanzministers fiel denkbar knapp aus. Ganze dreieinhalb Zeilen ließ Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag per E-Mail zu den geplatzten Fusionsgesprächen im deutschen Bankensektor verbreiten. Tenor: Grundsätzlich brauche die heimische Industrie konkurrenzfähige Kreditinstitute, die sie rund um den Globus begleiten. Deutsche Bank und Commerzbank hätten über engere Formen der Zusammenarbeit gesprochen. Kooperationen seien aber nur dann sinnvoll, wenn sie sich auch betriebswirtschaftlich rechneten. Ende der Durchsage.

Impuls aus dem Ministerium

Die demonstrative Gelassenheit des Ministers steht im auffälligen Kontrast zum Wirken seines Hauses in den vergangenen Monaten. Denn es gilt als offenes Geheimnis, dass der Impuls, eine mögliche Fusion der beiden verbliebenen deutschen Großbanken auszuloten, nicht aus deren Konzernzentralen in Frankfurt am Main kam. Sondern aus der Wilhelmstraße in Berlin – also aus dem Finanzministerium.

Es war Olaf Scholz selbst, der Anfang März bestätigte, dass sich die beiden Institute mal etwas tiefer in die Augen schauen wollten. „Es gibt Beratungen über die Situation, wie sie ist. Die Bundesregierung ist ein fairer Begleiter von privatwirtschaftlichen Diskussionen“, sagte der Minister ganz beiläufig bei einem Termin in Brüssel. „Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Wenige Tage später kündigten Deutsche Bank und Commerzbank ganz offiziell an, „ergebnisoffene“ Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss aufzunehmen.

Regierung soll keinen Einfluss nehmen

Nach außen vertrat die Bundesregierung stets die Linie, dass Deutschland zwar ein Interesse daran habe, Heimat starker, international aufgestellter Banken zu sein. Ansonsten habe sich die Regierung aber nicht einzumischen in Entscheidungen privater Unternehmen, hieß es stets.

So ganz privat geht es im Sektor aber eben nicht zu. Seit der Finanzkrise ist der Bund der größte Aktionär der Commerzbank. Er hält dort immer noch 15 Prozent der Anteile, hat also ein gewichtiges Wort mitzureden bei der strategischen Ausrichtung. Unabhängig davon ist bei Fusionsgesprächen in sensiblen Branchen immer die Politik in der einen oder anderen Form beteiligt, wenn auch nicht unbedingt als treibende Kraft.

Der Finanzexperte

Scholz’ Mann für das Projekt Deutsche Bank/Commerzbank war Finanzstaatssekretär Jörg Kukies. Der 51-jährige Sozialdemokrat ist wie nur wenige in der hiesigen Geldbranche verdrahtet. Bevor er im vergangenen Jahr ins Ministerium für Finanzen kam, arbeitete er als Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs. Kukies soll in der Vergangenheit wiederholt auf die Vorstandschefs der beiden deutschen Geldhäuser eingewirkt haben, doch einmal ein Zusammengehen zu prüfen.

Das Scheitern der Gespräche nimmt jetzt erst einmal politischen Druck von Scholz. Sein Wirken in dieser Angelegenheit hatte ihm viel Kritik eingebracht – nicht zuletzt von der Gewerkschaft Verdi, die eine Fusion mit allen Mitteln verhindern wollte. Es wäre nicht schön für einen SPD-Minister und potenziellen Kanzlerkandidaten, für den Abbau Zehntausender Jobs verantwortlich gemacht zu werden. Damit wäre bei einem Zusammenschluss der beiden Kreditinstitute zu rechnen gewesen.

Ungewisse Zukunft

Dazu kommt es jetzt nicht, was aber auch bedeutet: Die Frage, was aus Deutscher Bank und Commerzbank, ja überhaupt aus dem Finanzplatz Deutschland zukünftig werden soll, stellt sich nach wie vor und vielleicht sogar dringlicher denn je. Auch für Olaf Scholz und seine Leute.