Nach der Begutachtung werden die Löcher wieder geschlossen. Foto: Sebastian Steegmüller

Nach der Hausexplosion im Westen, bei der eine Person ums Leben kam, haben die Energieversorger Netze BW und Stuttgart Netze bei Probebohrungen in der Köllestraße den Abstand von Strom- und Gasleitungen kontrolliert.

Zahlreiche Bauarbeiter und Mitarbeiter der Energieversorger Netze BW sowie Stuttgart Netze waren auch am Freitagfrüh in der Köllestraße im Stuttgarter Westen im Einsatz. Anhand von Netzplänen wurden seit vergangenem Mittwoch an insgesamt 14 Stellen Probegrabungen durchgeführt. Ziel der Maßnahme ist es, sämtliche Knotenpunkte unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, ob Gas- und Stromleitungen genügend Abstand voneinander haben oder entsprechende Isolationen verbaut sind.

Kurzschluss löste das Unglück wohl aus

Eben ein zu geringer Abstand zwischen Gas- und Stromleitung könnte die Ursache für das verheerende Unglück sein, das sich in der Nacht auf den 6. März in der Köllestraße ereignete. Gegen 3 Uhr explodierte dort ein Wohnhaus, eine vierköpfige Familie konnte sich gerade noch aus den Trümmern retten, für eine 85-jährige Bewohnerin kam jede Hilfe zu spät. Es wird vermutet, dass rund zwei Stunden vor der Detonation im Gehweg vor dem eingestürzten Gebäude eine Stromleitung durchgebrannt ist. Durch die Hitze, die sich bei dem Kurzschluss entwickelte, ist dann offenbar eine in der Nähe verlaufende Gasleitung auf einer Länge von rund zehn Zentimetern zerstört worden. Ausströmendes Gas könnte schließlich im Haus mit dem vorhandenen Sauerstoff ein hoch explosives Gemisch gebildet haben.

Doch wie sieht es an den anderen 14 Knotenpunkten aus? „Die Untersuchungen sind inzwischen abgeschlossen“, sagte Clemens von Walzel, Sprecher der Netze BW am Freitagmittag. Die Ergebnisse gibt er aber noch nicht bekannt. „Wir informieren im ersten Schritt die Behörden sowie die Anwohnerinnen und Anwohner, danach die allgemeine Öffentlichkeit.“ Ein Stück weit lässt er sich aber dennoch in die Karten schauen. „Dass sich Leitungen überkreuzen, also Strom, Gas, Wasser, Telekommunikation, Fernwärme und Abwasser, ist in einer so verdichteten Stadt wie Stuttgart nicht die Ausnahme, sondern die Regel“, so von Walzel.

Qualitätssicherung habe hohen Stellenwert

„Es gibt dafür klare Regelwerke der entsprechenden technischen Fachverbände. Als verantwortungsbewusste Netzbetreiber messen Netze BW und Stuttgart Netze der Qualitätssicherung auf den Baustellen einen sehr hohen Stellenwert bei, was auch durch entsprechende Dienstanweisungen, Prozesse und Zertifizierungen sichergestellt ist – auch bei unseren Dienstleistern.“ Dementsprechend gehe man davon aus, dass die Situation, wie man sie vor dem eingestürzten Gebäude in der Köllestraße vorgefunden hat, ein Einzelfall sei.

Die Gasleitung, die in der Köllestraße gerissen ist, stammt laut den Unterlagen der Netze BW aus dem Jahr 2001. Die letzte Überprüfung der Leitungen vor dem Unglück fand im vergangenen Mai statt. Auf Höhe der Hausnummer 72 wurde damals ein Schaden geortet und kurzfristig repariert – der Überprüfungspunkt liegt rund 350 Meter von dem zerstörten Gebäude entfernt. Zur Sicherheit wurde die gesamte Straße mit Messgeräten, die schon bei kleinsten Gaslecks ausschlagen, kontrolliert. Im Januar 2023 wurde zudem in diesem Bereich der dem Gas beigemischte Duftstoff erhöht – ein üblicher Test, der einmal im Jahr Stück für Stück im Netz durchgeführt wird, um Gaslecks aufzuspüren. „Dabei wurden Proben aus dem Gasnetz gezogen und im Labor auf den Gehalt an Odormittel geprüft.“ Bei beiden Kontrollen seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden.

Wie alt das Stuttgarter Gasnetz im Durchschnitt ist, könne man laut des Unternehmenssprechers nicht sinnvoll bestimmen, „da es naturgemäß brandneue Leitungen gibt und solche, die schon mehrere Jahrzehnte alt sind“. Es gebe eine sorgfältige, kontinuierliche Planung für die Erneuerung. Dabei würden unter anderem Alter, Druckstufen und Fehlerhäufigkeit berücksichtigt.