Ein Bild mit Symbolcharakter: leere Stühle vor dem Haus der SPD in Ludwigsburg. Die Sozialdemokraten stellen im Kreis keine Landtagsabgeordneten mehr. Foto: factum/Weise

Claus Schmiedel? Abgewählt! Klaus Herrmann? Abgewählt! Nur noch fünf (statt bisher acht) Abgeordnete stellt der Landkreis Ludwigsburg im neuen Landtag. Büßt der Kreis damit politisches Gewicht ein? Es steht zu befürchten ...

Achtung, Gedankenexperiment! Lieschen Müller aus Ludwigsburg, Bietigheim oder Vaihingen/Enz will sich mit einem wichtigen Anliegen im Landtag Gehör verschaffen. Naiv wie sie ist, marschiert sie rein und fragt jeden Volksvertreter: „Kommen Sie aus dem Kreis Ludwigsburg?“ Statistisch gesehen würde der 17. Abgeordnete dann bejahen. Vom 1. Mai an muss Frau Müller weiter laufen.

Noch stellen die drei hiesigen Wahlkreise insgesamt acht Abgeordnete im 138 Mitglieder umfassenden Plenum. Künftig wird der Landtag wohl 143 Sitze umfassen, aus dem Landkreis Ludwigsburg werden aber nur noch fünf Vertreter dort präsent sein – Lieschen Müller müsste also glatt 28 Abgeordnete abklappern, um fündig zu werden.

Künftig weniger politisches Gewicht

Nach der Landtagswahl am Sonntag hat der Landkreis zweifellos an politischem Gewicht eingebüßt. Das gilt keineswegs nur in statistischer, numerischer Hinsicht. Auch qualitativ ist der Aderlass groß. Mit Claus Schmiedel, dem noch amtierenden SPD-Fraktionschef, verlieren der Kreis und Wahlkreis Ludwigsburg einen Politprofi reinsten Wassers. Wenn Schmiedels Interessen kongruent mit denen seines Wahlkreises waren, dann konnte der Ludwigsburger manches in Gang bringen.

Politische Beobachter werden sicherlich Gewöhnungsprobleme haben: der Landtag ohne Klaus Herrmann? Der Ludwigsburger Christdemokrat hat sich über zwei Jahrzehnte hinweg im Kreistag und im Ludwigsburger Gemeinderat einen Ruf als informeller landespolitischer Sprecher (zumindest seiner Partei) erworben. Herrmann galt und gilt als kluger Kopf, dem vor allem in Sachen Finanzpolitik so schnell keiner etwas vormacht. Schmiedels Parteigenosse Thomas Reusch-Frey saß nur eine Wahlperiode lang im Landtag und hat das politische Gefüge naturgemäß weniger stark geprägt. Doch auch seine Stimme wird künftig fehlen – als Vertreter der Interessen des Wahl- und Landkreises.

Drei Grüne, zwei Schwarze

Wer bleibt? Die drei Grünen Jürgen Walter, Daniel Renkonen und Markus Rösler. Nur einer von ihnen – Walter – ist ein alter Hase. Seit 1992 sitzt der Asperger im Landtag. Mancher wirft ihm vor, dass er, seit er 2011 Staatssekretär im Wissenschaftsministerium geworden ist, in „höheren Sphären schwebt“ und die Präsenz im Wahlkreis hintan gestellt habe. Fakt ist aber: Walter dürfte im Landtag wohl der einflussreichste der verbleibenden fünf Abgeordneten aus dem Kreis sein. Damit soll Röslers Wirkungskreis keineswegs klein geredet werden. Ihm wird eine gewisse Nähe zum (Noch-)Verkehrsminister Winfried Herrmann nachgesagt.

Nicht zu vergessen: auch zwei Christdemokraten bleiben, die bis kurz vor Mitternacht zittern mussten, ob sie den Einzug in den Landtag per Zweitmandat schaffen. Konrad Epple gelang der Wiedereinzug praktisch ebenso knapp wie Fabian Gramling, der neu ins Plenum gewählt wurde. Beide profitierten bei der Zweitauszählung davon, dass die CDU in der Landeshauptstadt so schwach war.

Was macht der Neuling?

Spannend dürfte diese Frage werden: wie stark halten die beiden künftig die Fahne des Landkreises hoch? Neben Herrmann saß bislang mit Manfred Hollenbach immerhin noch ein politischer Routinier mit gewissen strategischen Fähigkeiten im Landtag. Epple hingegen wird viel für seine Bürgernähe gelobt. Der Schlossermeister sitzt am Stammtisch, ist in der Feuerwehr und schaut dem Normalbürger aufs Maul, weil er selbst einer ist. Politische Analysen und aktives Netzwerken hingegen gelten nicht als seine Stärken.

Und Gramling? Ein Neuling, 28 Jahre alt, arbeitet bei einer Wirtschaftsprüfung, fühlt sich dem wirtschaftsliberalen Flügel der CDU zugehörig – und gibt zu: „Das wird eine echte Herausforderung für mich.“ Noch am Wahlabend bedankte er sich bei seinem Vorgänger und politischen Mentor Hollenbach, der ihn „viel an der Hand genommen und gezeigt“ habe. In seiner Partei wird er häufig als politisches Talent gelobt, „er verkörpert die neue CDU“, wird gemunkelt.

Einig sind sich aber alle auch in einem anderen Punkt: politisch gesehen ist Gramling keineswegs mit allen Wassern gewaschen – sondern eigentlich noch mit überhaupt keinen.